Kairo, Stadt der Gegensätze – auf Ägyptens Hauptstadt trifft die strapazierte Floskel wirklich zu. Jahrtausendealte Hochkultur neben hektischem Treiben, Staub und Smog einer bald 25-Millionen-Region.
Bittere Armut neben Pomp und Glanz einer dünnen Oberschicht. Islamische Tradition neben Luxus-Hotels westlicher Moderne. All das ist Kairo. Will man diese Stadt erfassen, muss man sich Zeit nehmen. Denn auf den ersten Blick kann man den Müll und Dreck, dieses lehmfarbene Einerlei, die Stadt ohne Grün und diesen mörderischen Verkehr aus verbeulten Autos und überfüllten Bussen, die Stoßstange an Stoßstange kleben, und das ständige Gehupe nur nervig finden.
Es benötigt den zweiten Blick, um zu erkennen, wie viel Charme dieses Chaos hat, wie freundlich die Menschen sind und wie das allgegenwärtige „Insh’Allah“ (So Gott will) und „Bukra“ (morgen, will heißen übermorgen oder überübermorgen oder überhaupt nicht) auch ordnungsliebende Europäer gelassener macht. Denn eines ist klar: Zu westlicher Arroganz besteht überhaupt kein Grund. Im Gegenteil: Wer je vor den 4500 Jahre alten Pyramiden von Gizeh stand, das letzte erhaltene Weltwunder der Antike mit der 20 Meter hohen Sphinx, und die Schätze des Ägyptischen Museums bestaunt hat, der lernt Demut.
Fast jeder dritte Ägypter lebt in der Hauptstadt. Kairo ist auch der Schmelztiegel der Kulturen: Altertum, Mittelalter, Islam, Christentum im koptischen Viertel, das europäische Kairo im Esbekiya-Viertel, das während der Kolonialzeit nach dem Vorbild von Paris entstand – alles auf einem Fleck. Den besten Überblick über die Stadt bekommt man oben auf dem Gezira-Turm mit Drehrestaurant. Den besten Einblick bei einer Falukka-Fahrt in der Abenddämmerung auf dem Nil (auf die kleinen Segler mit Steuermann kann man sein Essen mitbringen und für wenig Geld picknicken).
Wer die Seele der Ägypter erfassen will, für den ist neben dem Besuch der Pyramiden auch die ehrwürdige Azhar-Moschee und der Bazar Khan al Khalili ein Muss. Mal richtig um eine Lampe feilschen und danach in einem der kleinen Cafés eine Wasserpfeife rauchen – herzlich willkommen in Kairo!