Wellness und Yoga passen zusammen, stehen für Entspannung und Stimulanz. Besonders nachhaltig sind die Übungen für alle Alters- stufen, wenn sie für einen ausgewogenen Hormonhaushalt sorgen.
Kann das sein? Da turnt auf dem kleinen Podest ein drahtiges Energiebündel durch diverse Yoga-Übungen, bewegt sich geschmeidig durch den Raum – und ist schon 82 Jahre alt. Dinah Rodrigues ist selbst das beste Aushängeschild für die Idee, die sie vor knapp zwei Jahrzehn- ten entwickelt hat: Hormon-Yoga. Obwohl, sie nennt es lieber Yoga-Therapie. Und ist sich sicher, dass ihre Übungen nicht nur die Gesundheit fördern, sondern auch jung halten. Nun ja. Aus der Nähe betrachtet zeigt ihr Gesicht doch ein paar Falten. Doch die sind meist fröhlich lachend in Bewegung – insgesamt wirkt Dinah höchstens wie sechzig, fit und lebhaft. So will ich in dem Alter auch mal aussehen…
Die Brasilianerin steht hier in Süd- frankreich vor Frauen aller Altersstufen. Absolute Yoga-Anfängerinnen neben solchen, die es schon selbst unterrichten. Drumherum eine Parklandschaft mit plätschernden Brunnen, rustikale Dörfchen unter mediterraner Sonne. Wenn ich mich schon auf Yoga einlasse – böse Zungen sagen „Verknotungen“ –, warum dann nicht gleich während einer Urlaubswoche? Gesagt, getan. Mal liegen die Matten direkt auf frischem Gras, mal auf dem Parkettboden des stuckverzierten Prunkgebäudes. Zum Wachwerden gibt es Wellness-Tee – die Fortge- schrittenen starten mit heißem Was- ser pur. Frühstück folgt später. Und die Hälfte der Woche unterrichtet Dinah höchstpersönlich. Sie sorgt dafür, dass die Übungen korrekt so ausgeführt werden, wie sie gedacht sind. Denn schließlich soll Hormon-Yoga kein Hokus-Pokus sein, sondern per Druck und Durchblutung tatsäch- lich jene Körperstellen stimulieren, in denen die Hormondrüsen sitzen und den Zyklus, die Emotionen und letztlich die gesamte Gesundheit beeinflussen. {mospagebreak}
Das Ziel der Psychologin und Yoga-Lehrerin aus Sao Paulo war ursprünglich, unangenehme Begleiterscheinungen der Wechseljahre – von Hitzewallungen bis Depressionen – auf natürliche Weise in den Griff zu bekommen. Doch es zeigte sich, dass auch jüngere Frauen von den Übungen profi tieren, wenn ihr Hormonspiegel aus dem Gleichgewicht ist: bei Zyklusschmerzen, PMS oder auch polyzystischen Eierstöcken. Ärzte testen Rodrigues‘ Hormon- Yoga derzeit aus wissenschaftlicher Sicht, erzählt sie, und eine deutsche Klinik für unerfüllten Kinderwunsch nutzt die Methode ergänzend. Nicht zuletzt gibt es inzwischen auch Hormon-Yoga für Männer – auch wenn deren Übungen andere sind, weil ihre Hormondrüsen anders sitzen.
Also: Wer Wellness will, muss üben. Regelmäßig. Da sitzen wir nun auf unserer Matte, blutige Anfängerinnen darunter, und lernen indische Fachbegriffe wie Bhastrika, Mulabandha und Ujjayi. Achten auf korrekte Haltung, aufs Atmen durchs richtige Nasenloch, auf den Energiefl uss zu Schilddrüse, Nebennieren oder Eierstöcken. Und immer wieder Entspannen. Was gar nicht so einfach ist, wenn die Sonne durchs Blätterdach tanzt und diese eine Ameise…
Das Prinzip leuchtet ein: Die Glieder in diversen Stellungen eng an den Körper ziehen und dann den Sitz der Hormondrüsen per Blasebalgatmung gut durchbluten. Dazu die tibetische Übung, leuchtende Energiebälle durch den Körper wandern zu lassen. „Boah, ich fühle schon, wie meine Eierstöcke glühen“, klingt es von der Matte neben mir. Zu sehen ist noch nichts… Doch man fühlt sich gut danach. Ob fast tägliches Üben tatsächlich zur Gewohnheit werden kann? Tatsächlich schaff en wir am Ende die ganze Folge in fast dreißig Minuten. Dinah sagt, das passt auch in den Alltag.