Interview
Dr. Georg Kettenhuber ist Leiter der medizinischen Abteilung des AlpenMedHotel Lamm in Seefeld in Tirol. Über die Vorteile der Kryotherapie sprach SPA inside mit ihm.
SPA inside: Mit Kälte gegen Schmerzen. Herr Dr. Kettenhuber, wie funktioniert die Kryotherapie?
Dr. Georg Kettenhuber: Kälte wird bei Schmerzen vielfach im Hausgebrauch eingesetzt, denken Sie nur an Eisbeutel, um Schwellungen abklingen zu lassen, oder an Vereisungssprays bei Sportlern. Es ist die schockartige Kälteeinwirkung, die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus hat. Sie blockiert das Schmerzempfinden, löst biochemische, hormonelle und immunmodellierende Prozesse aus und führt zu einer Relaxation der Muskeln. Für Schmerz-, Rheuma- oder Arthrose- Patienten und viele mehr bedeutet dieser Kälteschock eine unmittelbare Linderung der Symptome, die bei mehrmaliger Anwendung dauerhaft sein kann. Wer an Neurodermitis oder Psoriasis leidet, stellt oftmals eine sofortige Juckreizminderung und eine Beruhigung der Haut fest. Die Kryotherapie ist empfehlenswert bei Schmerzen im Bewegungsapparat, bei chronischen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen und bei Weichteil-rheumatischen Erkrankungen.
In welcher Form wird der Körper der Kälte ausgesetzt?
In die Tieftemperaturkammer mit minus 110 Grad Celsius, in der der Gast bzw. der Patient circa zwei bis drei Minuten verbleibt, gelangt man durch zwei Schleusenvorkammern die den Körper mit minus 15 und minus 60 Grad auf die extreme Kälte vorbereiten. Die eigentliche Behandlung beginnt in der dritten Kammer. Da die Luftfeuchtigkeit in der Kammer nahezu null ist, ist die Kälte leicht zu ertragen. Die körperliche Empfindung ist nicht das Gefühl, unterkühlt zu werden, sondern eine Oberflächenreaktion der Haut. Dort hinterlässt die trockene Kälte ein vergleichsweise prickelndes Gefühl.
Doch nicht nur Schmerzgeplagte sollen von der Kryotherapie profitieren?
Richtig. Die Kälte sorgt für beste Durchblutung des Gehirns. Da körpereigene Endorphine und Glückshormone ausgeschüttet werden, macht sich nach der Anwendung oft Aufbruchstimmung und gesteigerte Motivation bemerkbar. Etliche Gäste haben nach dem kurzen Aufenthalt in der Kältekammer das Gefühl, „Bäume ausreißen“ zu können. Die schockartige Kälte wirkt leistungssteigernd, Stress reduzierend und vitalisierend. Zudem wird das Immunsystem gestärkt.
Einmal ist bestimmt nicht genug. Wie häufig sollte man sich in die Kältekammer begeben?
Mit einer Einzelanwendung wird sicherlich wenig erreicht. Ideal sind zwei Anwendungen pro Tag, und das über einen längeren Zeitraum. Am besten sollte die Kryotherapie medizinisch begleitet werden – mit krankengymnastischen Behandlungen und einer Abschlussuntersuchung.