Wenn man das erste Mal in diese Gegend kommt, fragt man sich schnell, warum man nicht längst hier war. In diesem idyllischen nördlichsten Zipfel Österreichs verlangsamt sich die Zeit.

Eigentlich ist es gar nicht so weit ins Mühlviertel. Von München aus über Passau braucht man gerade mal drei Stunden. Deshalb wundert es mich, dass hier so wenige Autos mit deutschem Kennzeichen unterwegs sind. Einerseits. Andererseits bin ich froh, denn das heißt doch, dass diese Region in Oberösterreich noch so etwas wie ein Geheimtipp ist. Und das ist auch gut so.

Gemütlich fahre ich durch die Landschaft und bin schnell verzaubert. Hügelig ist das Mühlviertel, lieblich, weit und offen. Verstreute Gehöfte lugen da und dort aus den Wiesen und Feldern hervor, proppere kleine Ortschaften grüßen mit blumengeschmückten Hausfassaden, die Städtchen beeindrucken mit breiten Straßen und ihrer barocken oder gotischen Vergangenheit. Nordwärts wird das Mühlviertel bewaldeter, granitfelsig, rau und zeigt im Böhmerwald dann seine dunkle, mystische Seite. Diese etwa 120 km lange Bergkette entlang der tschechischdeutsch- österreichischen Grenze umschließt im Norden die 3000 km² große Region, im Süden bildet die Donau die Grenze, der westliche Nachbar ist Bayern, der östliche Niederösterreich. Benannt ist das Mühlviertel nicht etwa nach den Mühlen, die hier einst klapperten, sondern nach den Flüssen Große Mühl, Kleine Mühl und Steinerne Mühl.

Für Wanderer und Radfahrer ist das Mühlviertel ein Paradies, aber auch erste Adresse, wenn es um Nordic Walking geht. Es gibt unzählige Wander- und sogenannte Themenwege, die vorbei führen an Burgen und Ruinen, naturklaren Bächen, Steinlandschaften mit den für die Region typischen bizarren Granitformationen und mächtigen Findlingen, die sich teilweise bis zu sechs Meter auftürmen und aussehen wie Fliegenpilze. Auf den Th emenwegen tauchen Sie ein in die Geschichte. Entlang der Gotikstraße, stolze 180 km lang, erschließt sich Ihnen die Schönheit dieser Epoche. Ein Paradebeispiel gotischer Baukunst ist Freistadt, und der Flügelaltar in Kefermarkt ist ein Muss für alle Kunstinteressierten. Das Städtchen Haslach wiederum gehört zur Mühlviertler Weberstraße, einem Verbund Leinen produzierender Betriebe. Es war und ist noch heute Zentrum textiler Handwerkskunst. Das aus Flachs hergestellte Leinen ist übrigens extrem angenehm auf der Haut, und das aus seinen Samen gepresste sattgoldene Leinöl eine schmackhafte Variante für Ihre Küche.

Liebhaber des Landhausstils kennen sie sicher, diese blauen Stoffe mit weißen Mustern. In Bad Leonfelden gibt es eine der beiden letzten Blaufärbereien, die diese uralte Tradition pflegen. Das Besondere daran: Die weißen Muster werden nicht aufgedruckt, sondern der Stoff rund um das freigehaltene Muster wird blau befärbt. Mein Tipp: Machen Sie mal Blau im Mühlviertel