Ein Massagekonzert für vier Hände ist nicht das einzig Ungewöhnliche, das Gäste in diesem Spa geboten bekommen – direkt auf einer ehemaligen Fähre.

Kaum mag ich meinen Augen trauen, als ich mich dem alten Hafen nähere – dick verpackt in Wintermantel, Schal, Handschuhe, Fellstiefel und Mütze, um den Minusgraden des kalten kanadischen Winters zu trotzen: Auf dem Deck des nostalgisch wirkenden Dampfers, der am Hafenkai festgemacht hat, tummeln sich doch tatsächlich Menschen in Badekleidung. Bei minus 15 Grad draußen scheint dies nur etwas für abgehärtete Naturen zu sein. Doch wenig später gehöre ich selbst zu den Freiluft-Fans, lasse nach der 80° C heißen Sauna, dem Hamam und dem warmen Whirlpool an Deck die eisige Winterluft an die nackte Haut. Und friere überhaupt nicht dabei.

Das Ganze vor dem Panorama der historischen Altstadt von Montreal und der modernen Wolkenkratzer-Skyline dahinter mit den Architekturpreisgekrönten Bauten „Silo 5“ und „Habitat 67“. Frösteln tut es mich nur beim Gedanken daran, dass ich dieses gastliche Schiff mit seinem reichen Spa-Angebot irgendwann wieder verlassen muss. Aber noch ist es ja nicht so weit. Zuerst treffe ich an der Theke bei einem Glas Tee meinen persönlichen Masseur, pünktlich zur reservierten Zeit. Er begleitet mich in die Behandlungskabine, erkundigt sich genau nach meinen Wünschen und hält diskret mit abgewandten Augen ein riesiges Badetuch hoch, hinter dem ich mich für die Massage entkleide. Und dann darf ich mich einfach nur hingeben und genießen, beim sanften Entschlummern – dank der leichten Schaukelbewegung des Bootes – von einer romantischen Weltumsegelung träumen …

Wasser ist das Hauptthema von Bota-Bota, einer phonetischen Umdrehung des französischen Wortes für Schiff „Bateau“: Aus den 678 Bugfenstern bieten sich immer neue Blicke auf den St. Lorenz-Strom, drinnen werden Körper, Haut, Gesicht und Seele gepflegt. Die Behandlungs-, Gymnastikund Ruheräume liegen auf vier Bootsdecks, die Spa-Gäste lustwandeln zwischen Sauna, Hamam, Jacuzzi und Massagen über die Schiffsbrücke, auf offenen Decks und über steile Stufen. Draußen spiegeln sich die Hafenlichter im Wasser, durch die Bugfensterwand strahlt ab und zu das Positionslicht eines Schiff es. Drinnen bei meditativer Musik entführt der Therapeut die Seele in exotische Gefilde, während gleich nebenan im Hafen Frachtschiffe Container anliefern. (Text: Beate Kuhn-Delestre)

Tanz-Erfahrung
Apropos Musik: Die kommt entweder aus Lautsprechern – oder wird bei der Bota-Bota-Massage live von einer Harfenistin gespielt. Während zwei geübte Hände den Körper zur Entspannung bringen, sind zwei weitere Hände am Instrument zugange. Konzert oder Treatment? Die Grenzen sind fließend. Eine einzigartige Erfahrung fast wie bei einem Tanz verspricht dieses ungewöhnliche Angebot, für das es eine richtige Choreographie gibt und bei der der Körper ins Schwingen geraten soll. Und das mitten auf einem Schiff . Jahrzehntelang kreuzte die alte 53 Meter lange und 12 Meter breite Fähre über den Strom, diente dann eine Zeitlang als Theater, bis sie 2011 im würdigen Alter von 60 Jahren als Spa eine neue Jugend erleben durfte. Die alten Maschinenräume bekamen ein Lifting verpasst und dienen jetzt als Garderoben – allerdings sind die seemännischen Spinde etwas knapp bemessen angesichts der dicken Winterkleidung. Sandsäcke und Liegen laden auf den Decks zum Ruhen ein, refl ektierende Decken vergrößern das Boot optisch, erinnern außerdem an heitere Wasserspiegel. Da fühlt man sich als Kapitän auf der Schiff sbrücke, bereit, um in See zu stechen. Buchen kann man einzelne Gesichts- und Körperbehandlungen sowie Massagen aus einem breit gefächerten Angebot (mit klingenden Namen wie „vague de cacao“, Kakaowelle, „océan de miel“, Honigozean, „brise citronnée“, Zitronenbrise) oder den „circuit d’eaux“ – also den „Wasserkreislauf“ mit Sauna, Hamam, Whirlpool (entweder als zeitlich unbegrenzte Voyage, „Reise“, oder als bis zu 3-stündige Escale, „Zwischenstopp“). Oder eine Kombination von beidem. An Wochenenden und Feiertagen sollte man frühzeitig an Bord gehen, denn ab 10 Uhr herrschen Zugangsbeschränkungen, weil die Menschen Schlange stehen.

 

Bota-Bota
358, rue de la Commune Ouest,
Quais du Vieux-Port de Montréal, Kanada
Tel. +514 284 0333,
info@botabota.ca
www.botabota.ca

Öffnungszeiten: täglich 10-22 Uhr (Tagespreis: wochentags 55, wochenends/feiertags 65 kanad. Dollar)

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