Am Onofriobrunnen sitzt ein Straßenmusiker, sein Fuß schlägt den Takt auf dem Straßenpflaster, während er mit raschen Bewegungen den Bogen über seine Lijerica fl iegen lässt. Dieses Streichinstrument muss man schnell spielen, der Rhythmus steckt an und bald wippen auch die Füße der Zuschauer im Takt. Das Straßenpflaster glänzt in der Sonne. Nicht etwa, weil es geregnet hat. Es glänzt immer so: Millionen Schuhpaare haben das uralte Pfl aster in hunderten von Jahren blankpoliert. Stradun – „große Straße“ – so nennen hier alle die Hauptstraße der Altstadt, die eigentlich Placa heißt. Die Stradun verbindet das Osttor Ploče mit dem Westtor Pile. Dubrovnik gilt als „Perle der Adria“. Und diese Perle glänzt nicht nur auf der Hauptstraße, sondern auch in den vielen Nebengassen. Tagsüber wird man im Sommer die Stradun kaum in Ruhe erkunden können.

Wohl kein Tag vergeht, ohne dass ein Kreuzfahrtschiff vor Anker geht. Und so schieben sich jeden Sommer rund eine Million ihrer Passagiere durch die Gassen der Altstadt. Voll wird es dann auch auf der begehbaren alten Stadtmauer, dem wichtigsten Wahrzeichen der Stadt. Dieses Bollwerk ist an manchen Stellen bis zu zwölf Meter dick. Und alle Dubrovnik- Besucher wollen die Stufen erklimmen für den rund zwei Kilometer langen Rundgang. Der lohnt sich wirklich, hinter jedem Treppenaufstieg und jedem Durchgang erwartet einen eine neue fantastische Aussicht – auf die weißen Fischerboote im alten Hafen, auf die roten Dächer, in die Hinterhöfe und Gassen der Altstadt. Am schönsten ist es frühmorgens. Dann, wenn die Kreuzfahrtpassagiere noch in den Kojen liegen oder am Frühstückstisch sitzen. Außerdem knallt die Mittagssonne hier oben unbarmherzig, kein Baum, kein Gebäude, die auf der Mauer Schatten spenden könnten. Die Morgensonne hingegen taucht die Perle der Adria in ein sanftes, roséfarbenes Licht. Danach kann man in aller Ruhe die Altstadt erkunden. Gemeinsam mit anderen Touristen unter den Baldachinen der Cafés und Souvenirshops auf der Stradun entlangschlendern. Aber dann zieht es mich schnell in die Seitengassen, in denen sich die alte Perle von ihrer malerischsten Seite zeigt. Dort fi ndet man dann auch die echten Geheimtipps wie das „Sugar & Spice“. Dubrovniks heimliche Konditorkönigin Gabi Slastičarna backt in diesem netten kleinen Café ihre kreativen Köstlichkeiten. Noch heute träume ich von ihrer leckeren Chili-Schokoladentorte. Und zum Mittag- oder Abendessen geht es dann in das Restaurant „Rozario“, denn ein Aufenthalt in Dalmatien ohne Fisch und Meeresfrüchte – das geht gar nicht. Die Tische zum Draußensitzen liegen dort auf unterschiedlichen Treppenabsätzen der Prijeko-Gasse, sehr romantisch. Am späten Nachmittag verlassen auch die letzten Kreuzfahrtpassagiere die Altstadt, langsam geht die Sonne unter. Im Laternenschein glänzen die Straßen und Gassen. Und spätestens jetzt versteht man, was George Bernard Shaw bei seinem ersten Aufenthalt empfunden haben muss: „Wer das Paradies auf Erden kennenlernen will, sollte nach Dubrovnik kommen.“

(Foto oben: Kempinski Hotel Adriatic)