Der Duft eines Naturkosmetik-Produkts soll unter anderem auch die positiven Eigenschaften natürlicher Inhaltsstoffe transportieren. Im Interview mit Parfümeur Alexandre Illan geht es um Herausforderungen, Trends und die besonderen Glücksgefühle, die durch natürliche Düfte entstehen.

Alexandre Illan, Parfümeur Düllberg Konzentra. Das Unternehmen Düllberg Konzentra in Hamburg steht seit mehr als 70 Jahren für Kreativität, Erfahrung, Expertise in der Duftentwicklung. Mit Rohstoffen höchster Reinheit und Qualität werden ätherische Öle und Parfumkompositionen erzeugt und veredelt. „Ätherische Öle haben für mich eine fast magische Qualität, denn nur ein Tropfen sorgt schon dafür, dass wir uns glücklich, sinnlich, belebt oder entspannt fühlen“, so Parfümeur Alexandre Illan.

Fällt es Ihnen als Parfümeur schwer, auf synthetische Inhaltsstoffe zu verzichten?
Alexandre Illan: Die Beschränkung auf rein natürliche Rohstoffe ist in der Tat eine besondere Herausforderung für uns Parfümeure. Natürliche ätherische Öle sind oft sehr teuer, so dass wir in unseren Formulierungen nur kleine Mengen verwenden können. Ein Kilo echtes Rosenöl kostet fast 6000 Euro, ein Kilo synthetisches Rosenöl in guter Qualität bekommt man bereits für einen Bruchteil dieser Summe. Auch andere beliebte Duftnoten wie Jasmin und Tuberose haben einen hohen Preis. Bei unseren Formulierungen müssen wir uns daher auf eine kleinere Anzahl an Inhaltsstoffen beschränken und direkt zum Punkt kommen.

Setzen Sie neben ätherischen Ölen noch weitere natürliche Inhaltsstoffe für den Duft ein?
Alexandre Illan: Zusätzlich zu unserem vielfältigen Portfolio aus ätherischen Ölen verwenden wir auch einzelne Riechstoffe, die aus natürlichen Rohstoffen gewonnen werden. Weil es beispielsweise kein ätherisches Öl aus Pfirsichen und Aprikosen gibt, müssen wir diese Duftnoten mit anderen natürlichen Riechstoffen rekonstruieren. Manche dieser Stoffe haben einen fruchtigen Charakter und erinnern an die grünen Blätter von Rhabarber, andere haben ein nussig-wachsiges Duftprofil und riechen nach Kokosnusscreme. Wir können all diese natürlichen Duftstoffe je nach gewünschtem Effekt als Spuren oder als sogenannte „Overdose“ verwenden.

Manche Verbraucher empfinden ätherische Öle als zu intensiv. Wie finden Sie die richtige Balance?
Alexandre Illan: Natürliche ätherische Öle sind pure, hochkonzentrierte Rohstoffe, die nur in geringen Konzentrationen eingesetzt werden sollten, z. B. aufgelöst in Avocado- oder Mandelöl im Verhältnis 1:15. In unseren Kompositionen kombinieren wir die einzelnen Bestandteile in einem ausgewogenen Verhältnis, um die richtige Balance und das beste Profil des Öles zu erzielen.

Welche klassischen Duftthemen werden bei der Parfümierung natürlicher Kosmetik besonders häufig besetzt?
Alexandre Illan: Basisakkorde mit Zitrus haben immer Erfolg, weil sie frisch, klar, einfach und unkompliziert sind. Generell bevorzugen Menschen Düfte, die sie kennen, wiedererkennen und klar benennen können wie Mandarine, Apfel oder Rose. Diesem Bedürfnis entsprechen wir in unserem Portfolio mit den Solinotes. Das sind einfache Akkorde, die aus fünf bis sechs ätherischen Ölen bestehen. Aber wir bedienen auch den Wunsch nach komplexeren Parfums, die auf populären Feinparfümeriedüften basieren oder von klassischen Akkorden wie Chypre, Amber oder Fougère inspiriert werden.

Welche Trends beobachten Sie bei der Parfümierung von Naturkosmetik?
Alexandre Illan: 2013 war das Jahr der roten Früchte, mit Granatapfel, Kirsche, Pflaume oder Johannisbeere. Auch exotische Früchte wie orientalische Feige, Sternfrucht und Mango liegen im Trend. Daneben beobachten wir eine Vorliebe für transparente, grüne, blumige Noten wie Lilie, Lindenblüte, Geißblatt oder Lotus. Auch ozeanische, aquatische Düfte werden in der Naturkosmetik immer beliebter.

Werden für die ozeanischen Düfte echte Rohstoff e aus dem Meer eingesetzt?
Alexandre Illan: Wir verwenden für den salzigen Seetangeffekt tatsächlich ein Absolue aus Algen. Für einen sauberen, grünwässrigen Akkord nutzen wir z. B. einen Extrakt aus den Schalen der Wassermelone.

Welche Rolle spielen biologisch hergestellte Düfte für Ihr Unternehmen?
Alexandre Illan: Wir sind Ecocert-zertifiziert und verfügen über eine breite Palette an ätherischen Ölen aus kontrolliert biologischem Anbau. Diese bauen wir kontinuierlich weiter aus, um der steigenden Nachfrage für diese Produkte gerecht zu werden.

Ätherische Öle werden aufgrund ihrer vielfältigen Wirkungen auf Psyche und Körper auch therapeutisch eingesetzt. Wie wichtig ist dieser Aspekt bei Ihrer Duftkreation?
Alexandre Illan: Ob Blüten, Blätter, Gewürze, Harze oder Hölzer – alle natürlichen Inhaltsstoffe bestehen aus Tausenden Molekülen, die unseren Körper, unsere Haut und unsere Stimmung beeinflussen können. Ätherische Öle haben für mich eine fast magische Qualität, denn nur ein Tropfen sorgt schon dafür, dass wir uns glücklich, sinnlich, belebt oder entspannt fühlen. Wenn ich Lavendelöl rieche, fühle ich mich geborgen, denn der Duft erinnert mich an die Zeit, die ich mit meiner Familie in Südfrankreich verbracht habe. Abhängig von der Dosierung in der jeweiligen Formulierung kann der Effekt sehr leicht oder sehr intensiv sein. Ein Lavendelbouquet wird durch Rosmarin- oder Salbeiöle stärker und aromatischer. Vanille und Benzoin hingegen machen den Lavendelduft süßer und weicher, so dass er mehr in die orientalische Richtung geht. Ein holziger Duft wird durch eine Zitrusnote knackig und strahlend. Sie lässt den Duft leuchten und verleiht ihm Komplexität. Letzten Endes geht es jedoch immer nur um eines: Um die Harmonie des Dufts.

 

Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Magazins COSSMA. Dort ist das Interview in Ausgabe 03/2013 erstmals erschienen. www.cossma.com