Coole Cowboys, German Gemütlichkeit, wunderschöne Wanderwege, gesunde Gourmetküche, professionelle Spas: Das alles hat SPA inside- Autorin Christa Möller in Texas entdeckt – und noch viel mehr. Zum Beispiel Orte namens Weimar, Niederfels und Rheingold.
Texas – da dachte ich sofort an weites, flaches Land, über das der Wind fegt und trockene kugelige Büsche vor sich hertreibt; am Straßenrand nicken Ölpumpen und die Straßenschilder sind zerschossen … Wildwest-Feeling hat man hier tatsächlich – zum Beispiel im altehrwürdigen Driskill- Hotel von Austin, wo zum After-Work-Cocktail Business- Männer mit Stetson, dem typischen Western-Hut, an der Bar sitzen, sich getrüffeltes Popcorn in den Mund schieben und Countrymusik hören. Oder beim Rodeo in Houston, wenn lässige Cowgirls ihre Lasso-Tricks zeigen. Texas, zweitgrößter Staat der USA, ist aber auch für manch ganz andere Überraschung gut: Da gibt es Sümpfe an der Grenze zu Louisiana, wo man Cajun-Musik hört und über zugewachsene Seen mit Propellerbooten knattert, um Alligatoren und Schildkröten zu entdecken. An der fast 600 Kilometer langen Küste finden sich feinste Sandstrände, mit weißen Stelzenhäusern und schicken Bars. Vogel-Fans zieht es in die großen Naturschutzparks im Süden, wo man zum „Birding“ herkommt und abends am Meer fangfrischen Hummer isst. Den klarsten Himmel sieht man über dem McDonald Observatorium, auf 2000 Meter Höhe – am besten abends zur Star Party anmelden. Oder man macht eine Fahrt ins Hill Country, wo man sich (fast) ein bisschen wie in Deutschland fühlen könnte.
Apfelstrudel und Honky-Tonk
Sanfte Hügel, grüne Wiesen, weiß eingezäunte Ranches: Hierher zog es vor etwa 170 Jahren vor allem deutsche Siedler. Die Orte heißen Niederwald, Weimar, Blumenthal, Rheingold oder New Braunfels. Bäckereien bieten Apfelstrudel nach Originalrezepten an (sehr lecker!), Anfang November wird das Wurstfest gefeiert. Und in der Vorweihnachtszeit gibt’s natürlich Stollen und Lebkuchen, gern mit pinkem Zuckerguss. Deutsch gesprochen wird kaum, aber deutsche Folklore und texanische Geselligkeit harmonieren gut. Country-Musik-Fans dürfen natürlich Luckenbach nicht auslassen, das u.a. durch den Countrysänger Willie Nelson bekannt wurde, als er „Luckenbach, Texas“ sang. Und wer nach Cowboy-Stiefeln sucht oder mal auf einer richtigen Ranch übernachten möchte, geht nach Bandera, der Welthauptstadt der Cowboys, mit spannendem Cowboy-Museum und urigen Honky-Tonk-Bars. Honky Tonk meint sowohl die typische Bar mit Live-Musik, als auch eine spezielle Country-Musik.
Endlose Straßen und tanzende Lichter
Vom Hill-Country will ich weiter mit dem Auto zur mexikanischen Grenze – also erstmal Richtung Südwesten, bis die herbstgelben Bäume verschwinden und zunehmend niedriges Buschwerk den kargen Boden bedeckt, die Landschaft wird flacher. Hier wächst auch Candelilla, eine Wüstenpflanze, die sich mit einer Wachsschicht vor der heißen Sommersonne schützt. Das Wachs wird geerntet und steckt in vielen Kosmetikprodukten, vom Labello-Stift bis zur Haarentfernungs-Creme. Links und rechts tauchen niedrige Yuccas und ganz hinten am Horizont die ersten hohen Berge auf. Die Straße zieht sich schnurgerade durch die Prärie, direkt in die untergehende Sonne. Das Land scheint unendlich weit und groß und menschenleer, eingetaucht in warmes, mildes Herbstlicht. Mit den letzten Sonnenstrahlen erreiche ich Marfa, die Stadt, in der James Dean, Elizabeth Taylor und Rock Hudson gewohnt haben, als sie den Film „Giganten“ gedreht haben. Das Hotel „El Paisano“ steht noch am selben Platz. Alle Zimmer sind im alten Stil renoviert, die Zeit scheint hier stillzustehen. Bekannt ist der Ort nicht nur für seine Hollywood-Vergangenheit, er hat auch ein sehr schönes Kunstmuseum und ist vor allem im Sommer eine quirlige Künstlerstadt mit vielen bunten Galerien. Aber richtig spannend wird es abends, etwa vier Stunden nach Einbruch der Dunkelheit, wenn sich Einheimische und Besucher draußen vor der Stadt treffen, um die Marfa Lights zu sehen: tanzende weiße und grüne Lichter, deren Ursprung bisher niemand erklären kann. Erwähnt wurden sie auf jeden Fall schon Anfang des 19. Jahrhunderts. Am besten soll man sie in dunklen, klaren Nächten sehen. Schade, ich bin bei Vollmond da … Am nächsten Morgen geht es weiter Richtung Süden, durch Presidio hindurch, der heißesten Stadt Texas mit jetzt angenehmen 25 Grad, vorbei an der Geisterstadt Terlingua, einer verlassenen Minenstadt aus den 1940ern – bis ich mein Reiseziel, den Big Bend Nationalpark, erreiche. Er liegt an einer weiten Kurve des Rio Grande – deshalb der Name Big Bend (große Biegung). Auf dem Parkplatz des Informationszentrums kreuzt erstmal eine riesige Tarantel meinen Weg. Sie soll nicht so giftig sein, wie sie aussieht – na dann … Mit klopfendem Herzen wandere ich am nächsten Morgen den „South Rim Trail“ hinauf, direkt an meiner Lodge geht es los. Große Schilder warnen vor Löwen und Bären und geben Verhaltenstipps (nicht weglaufen, keine Angst zeigen, sich groß machen …). Zehn Stunden soll die Wanderung ungefähr dauern, 600 Höhenmeter gilt es zu überwinden. Die Landschaft ist unglaublich abwechslungsreich.
Wie schön, dass der Nationalpark nicht nur einer der größten, sondern auch der mit den wenigsten Besuchern ist – besonders jetzt im November. Die meisten kommen im April, wenn sich der Park in ein Blütenmeer verwandelt. Aber auch jetzt blüht es überall, nach jedem kurzen Regenschauer leuchten gelbe und rote Farbkleckse aus der trockenen Erde. Die Wanderwege sind sehr gut ausgeschildert, verlaufen ist quasi unmöglich. Am Anfang geht es auf bequemen breiten Stufen hinauf, links und rechts niedrige Bäume, in denen ein Schwarm leuchtend blauer Vögel sitzt, der mich eine Zeitlang begleitet.
Das anfängliche Herzklopfen ist bald vergessen, der Treppenweg wird zu einem schmalen Pfad, der durch hohe, fedrige Gräser führt. Die Sonne lässt die zarten Blütenrispen im Gegenlicht leuchten, der Wind wiegt sie leicht hin und her, in sanften Wellen. Nach etwa fünf Stunden ist die schroffe Abbruchkante, das „South Rim“, in 2100 Meter Höhe erreicht: Steil geht es nach unten, der Blick schweift frei über blaue Berge, die sich irgendwo am Horizont verlieren. Ganz dort hinten liegt Mexico, die Chihuahua-Wüste zieht sich von hier bis weit hinter die Grenze. Muster aus leuchtenden Moosen überwuchern die Felsen, die Hälfte des Weges ist geschafft. Zeit für ein Picknick in luftiger Höhe. Anschließend geht’s den Berg wieder hinunter, durch ein ausgetrocknetes Bachbett mit glatten, wasserpolierten Steinen. Direkt vor mir flattern 30 sonnengelbe Schmetterlinge auf. Eine unscheinbare Grille, setzt zum Sprung an, breitet ihre Flügel aus, die plötzlich knallorange aufblitzen – bis sie sich wieder setzt, die Flügel anlegt und mit dem Grau der Steine verschmilzt.
Unterwegs mit Bären und Löwen
Wenig später ein steiler Abstieg, links und rechts hohe Felsen, hinunter in feucht-kühle Luft, sehr vertraut, wie zu Hause. Das Sonnenlicht scheint wie ein Spot durch die Felsen und bringt die Blätter der Ahorn-Bäume zum Strahlen. Der ganze Boden ist bedeckt mit gelbem und rotem Laub – Indian Summer im Big Bend Nationalpark. Ein grau-braunes Berghörnchen mit großem buschigen Schwanz sammelt eifrig Blätter für den Winterbau. Hier könnten Bären wohnen, einige Felsspalten sehen aus wie Eingänge zu großen Höhlen – und tatsächlich erzählen zwei Wanderer später, dass sie in der Nähe des Weges am frühen Morgen einen Bären gesehen haben. Er machte einen weiten Bogen um die beiden, was Bären hier in der Regel tun, wenn sie Menschen entdecken. Den letzten Kilometer zurück zur Lodge geht es an großen Kakteen vorbei, durch ein kleines Wäldchen. Gerade rechtzeitig zurück zum Sonnenuntergang, der alle Berge rings um das Hotel in feuriges Rot taucht.
(Foto oben: Lake Austin Spa Resort)