Warum eigentlich immer in die Ferne schweifen? Thüringen liegt so nah – mittendrin in Deutschland. Vielleicht steht das Bundesland auf Ihrer Reise-Wunschliste? Das ist gut so! Denn Sie werden von dieser geschichtsträchtigen Region begeistert sein. Egal, zu welcher Jahreszeit Sie reisen und ob Sie eher Sportfan, Kunst- und Kulturinteressierter, Naturliebhaber oder Gesundheitsurlauber sind. Sie finden im Freistaat Thüringen alles, um rundweg interessante, abwechslungsreiche und erholsame Tage zu verbringen.
Wunderland
Wenn der Winter Einzug hält, die Wälder, Wiesen und Hügel unter einer dicken weißen Schneehaube liegen, Städte und Orte mit ihren Fachwerkhäusern und den gotischen Kirchen einen ganz besonderen Zauber ausstrahlen und der wohlige Duft der Weihnachtsmärkte in die Nase zieht – dann ist es in Thüringen fast noch mal so schön. Besonders der Thüringer Wald ist dann ein weißes Winterwunderland. Es muss nicht unbedingt das bekannte Wintersportzentrum Oberhof mit seinen beiden Skisprungschanzen (die höhere zählt heute zu den größten der Welt), den Bobbahnen und dem Biathlonstadion sein, um einen herrlichen Wintertag zu erleben. Doch für Langläufer sind Oberhof, Suhl und Zella-Mehlis direkt am Rennsteig, einem Klassiker unter den deutschen Fernwanderwegen, ein Dorado. Denn die knapp 170 km, die den Thüringer Wald durchziehen, sind fast komplett gespurt: So ist der Rennsteig mit 140 km Loipe auch der längste Fernskiwanderweg Mitteleuropas. Sie mögen es ruhiger und romantischer? Dann haben Sie sicher Spaß an einer Kutschen- oder einer vergnüglichen Schlittenfahrt. Schon Goethe schwärmte von dieser ursprünglichen Natur: „… über allen Gipfeln ist Ruh“. Und wenn Sie ein kleines Mitbringsel für Ihre Lieben suchen, dann schauen Sie auf dem Weihnachtsmarkt oder in der Glasmanufaktur in Lauscha, im Süden des Thüringer Waldes, vorbei – hier steht die Wiege der Glasbläserei und des Christbaumschmucks.
Geschichte(n) ohne Ende
Am nordwestlichen Rand des Thüringer Waldes erhebt sich hoch über der Stadt Eisenach die Wartburg (erbaut 1067, Foto oben: Hotel auf der Wartburg). Die Burg gab auch dem Wartburg seinen Namen: Die DDR-Limousine wurde nämlich in Eisenach gebaut, das zu Honeckers Zeiten führend im Fahrzeugbau war. Die riesige Festung ist nicht nur architektonisch interessant, sondern die wohl geschichtsträchtigste aller deutschen Burgen. Der Minnesänger Wolfram von Eschenbach schrieb hier den „Parzival“, Luther fand in der Burg Zuflucht und übersetzte als „Junker Jörg“ das neue Testament ins Deutsche. Seine Stube kann man bei einer Führung durch dieses Unesco-Weltkulturerbe (seit 1999) besichtigen.
Eng verbunden mit der mittelalterlichen Stadt, von Luther als „Pfaffennest“ beschimpft, ist auch ein weiterer großer Name der deutschen Kultur: Johann Sebastian Bach. Der Musiker und Komponist wurde hier 1685 geboren, lebte und wirkte als Organist und Kantor u. a. im nahen Arnstadt, in Gotha, Ohrdruf und in Weimar. Ganz Thüringen huldigt dem berühmten Barock-Komponisten jährlich im Frühjahr und Sommer mit Festivals, etwa in Arnstadt, Eisenach und Weimar. Weimar – Bach, Goethe Schiller, Liszt, Nietzsche, Herder, Gropius, Feininger … – die Liste der Dichter, Denker, und Künstler, die in Weimar lebten, liebten, verzweifelten und auch ihre wichtigsten Werke schufen, ließe sich endlos fortsetzen. Am berühmtesten aber machten wohl Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller diese schöne Stadt, die viertgrößte übrigens im Freistaat. Ihre Statuen in trauter Einträchtigkeit stehen auf dem Platz vor dem Nationaltheater. Für einen Besuch in Weimar lohnt es sich auf jeden Fall, mehr Zeit einzuplanen. Man braucht schon einen Tag, wenn man gemütlich auf den Spuren der Klassiker wandeln will. Goethe- Haus, Wohnhaus von Schiller, die einzigartige Herzogin-Anna- Amalia-Bibliothek, Goethes Gartenhaus im weitläufigen Park an der Ilm – dazwischen muss man sich stärken, am besten mit einer Original Thüringer Rostbratwurst. Oder man fängt das Flair der Stadt beim Bummel durch die Altstadtgassen oder über den traditionsreichen Weihnachtsmarkt ein. Wussten Sie, dass der erste öffentliche Weihnachtsbaum Deutschlands hier vor dem Haus von Johannes Falk stand, dem wir das Lied „O Du Fröhliche“ verdanken? Weimar wurde aber nicht nur wegen seiner klassischen Stätten in die Liste der Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen. Auch die Moderne hat hier wichtige Spuren hinterlassen und so zählen die Bauhausgebäude ebenfalls zum Weltkulturerbe. Walter Gropius und Henry van de Velde sind die bedeutendsten Verfechter dieser schnökellosen Architektur. Besichtigen sollte man die Bauhaus-Universität, das Bauhaus- Museum und das einzige in der Bauhausarchitektur realisierte „Haus am Horn“ in Weimar.
„Wie herrlich leuchtet mir die Natur“
Auch das Umland, das Weimarer Land, ist ein wunderbares Ausflugsziel. „Wie herrlich leuchtet mir die Natur“, so schwärmte Goethe und meinte bestimmt auch die kleinen Ortschaften mit ihren typischen spitzen Kirchtürmen in dieser sanften Hügellandschaft mit den zahlreichen Lindenalleen. Im Sommer leuchtenden Rapsfelder und auch die Weinberge haben schon Künstler wie Lyonel Feiniger beeindruckt. Die Kirche von Gelmeroda, heute Autobahnkirche, ist eines seiner bekanntesten Motive. Auf dem Ilmtal-Radwanderweg kann man seinen Spuren folgen. Ganz in der Nähe verläuft auch eine weitere historische Straße: die Porzellanstraße, die sich über weite Teile Ost- und Südthüringens erstreckt. Von der „Lindenstadt“ Blankenhain kann man z. B. nach Kahla fahren und dort in der gleichnamigen Manufaktur modernes stylisches Geschirr kaufen oder das Porzellanmuseum besuchen.
Typisch Thüringen
Keine 25 km westlich von Weimar liegt Erfurt, Landeshauptstadt und mit 205 000 Einwohnern Thüringens größte Stadt. Sie sollten diese Schönheit auf keinen Fall links liegen lassen. Erfurt blickt auf eine 1250-jährige Geschichte zurück. Markante Bauwerke wie die beiden gotischen Kirchen St. Marien und St. Severi, die eng auf dem Domberg beieinander stehen, legen davon Zeugnis ab. Auf den Domstufen wird am 27. November der diesjährige Weihnachtsmarkt eröffnet, einer der größten der Republik. Farbenfroh restaurierte Fachwerkhäuser, ein einmalig erhaltenes mittelalterliches Stadtzentrum, prachtvolle Renaissancebauten … Doch das älteste Wahrzeichen Erfurts ist die Krämerbrücke, die längste komplett mit Häusern bebaute Brücke Europas aus dem 12. Jahrhundert. 31 Fachwerkhäuser stehen auf ihr, 50 Menschen wohnen dort. In den kleinen Geschäften werden ausgefallene Souvenirs, Typisches und Köstliches angeboten. Spätestens in Erfurt sollten Sie ihn probieren: den echten Thüringer Kloß. Die samtige weiche Delikatesse aus rohen Kartoffeln bekommt man authentisch mit Rotkohl und Roulade im Gasthaus „Zum Güldenen Rade“ serviert. Sage und schreibe 300 Rezepte gibt es für die Zubereitung dieser runden Sache. Dass man dem Kloß sogar ein Museum widmet (in Heichelheim nördlich von Weimar) zeigt, wie stolz der Th üringer auf ihn ist. Und – Sie ahnen es schon – auch die berühmte würzige Bratwurst hat ein eigenes Museum: In Holzhausen erfahren Sie alles über das gute Stück. Thüringen ist so vielfältig was Landschaft, Kultur und Tradition betrifft, dass man wahrlich nicht alles aufzählen kann. Nur eines noch: Der Freistaat ist auch reich an gesundheitsfördernden Thermalbädern wie Bad Salzungen, Bad Sulza oder Heilbad Heiligenstadt im Eichsfeld. Dieser wunderbare Landstrich im Nordwesten verdient es auf jeden Fall, besucht zu werden.