Den amerikanischen Nordwesten verbindet man nicht sofort mit einer spannenden Duftszene. Doch die gibt es durchaus und Maria Christofilis gehört auf jeden Falls dazu. Mit Insider Ulrich Lang sprach sie von ihren Anfängen in Sachen Duftentwicklung und von ihren neuesten Plänen.
Seattle assoziiert man zuweilen mit dem dort ansässigen Kaffeeunternehmen Starbucks, mit Grunge, Kurt Cobain und seiner Band Nirvana und vielleicht auch mit der amerikanischen Kaufhauskette Nordstrom. Dass Seattle über eine sehr spannende Duftszene verfügt, wissen nur wenige. Unabhängige Duftlabels wie Blackbird, Stores wie Essenza und die seit 2003 im Parfumbereich tätige Maria Christofilis haben dazu beigetragen, den amerikanischen Nordwesten als neue Duft-Destination zu etablieren. Wir lernten uns vor über zehn Jahren kennen – Maria Christofilis hatte eine New Yorker Freundin von mir per Zufall in einem Restaurant in Seattle getroffen, die ihr von mir und meinem ersten DuftAnvers erzählt hatte. In der Folge traf ich Maria in Seattle, wir verstanden uns auf Anhieb, verfolgten unsere beiden jungen Duftunternehmen und trafen uns regelmäßig in New York, da wir beide Händler wie Barneys New York, Aedes de Venustas und Takashimaya belieferten. Bei einem unserer letzten Treffen zeigte mir Maria eine Probe ihrer neuesten Kreation, Fleur 09, die seit Herbst 2015 auch in europäische Stores erhältlich ist.
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Ulrich Lang: Maria, wie kamst du eigentlich dazu, Düfte zu kreieren?
Maria Christofilis: Als ich mich dazu entschloss, meine Karriere in der Modebrache 2003 zu beenden, traf ich einen italienischen Chemiker in Florenz und studierte bei ihm. Ich eignete mir ein Basiswissen an, wie man Komponenten mischt und wie Düfte funktionieren. Kurz danach führte ich seine Marke in den Vereinigten Staaten ein.
Wie hat dich deine griechische Herkunft beeinflusst?
Maria Christofilis: Ziemlich stark. Vor einigen Jahren realisierte ich, dass ich am lebendigsten und am inspiriertesten in diesemTeil der Welt bin – am Mittelmeer und in der Ägäis, umgeben von Geschichte und europäischer Tradition. Ich spüre dort eine ganz bestimmte Freiheit und eine Ausdrucksstärke, die ich in anderen Teilen der Welt nicht so stark empfinden.
Bevor du deine aktuelle Duftlinie lanciert hast, hattest du eine sehr erfolgreiche Raumduftserie namens Anthousa aus der Taufe gehoben …
Maria Christofilis: Oh ja – ich war damals begeistert von diesen Raumduft-Stäbchen, den Diffusern. 2003 gab es diese Kategorie fast noch gar nirgends und ich hatte die Chance, mich mit einer Firma aus Seattle, die natürliche Öle produziert, zusammenzutun und meine eigene Linie zu entwickeln. Ich brauchte ein Jahr, um zwölf Düfte zu entwickeln und sie zu vermarkten. Der Markt damals war hungrig nach etwas Neuem, Innovativem. Anthousa – das waren für mich neun spannende Jahre!
Wie kamst du auf das Fleur 09 Konzept und was ist so besonders daran?
Maria Christofilis: Es enwickelte sich ganz von selbst. Zuerst gab es einen Duft, der von einem Freund und Kollegen von mir geschaff en wurde – er arbeitet als Parfümeur beim Dufthersteller Givaudan. Nach mehreren Diskussionen über meine Liebe zu Duftnoten aus weißen Blüten und Tuberose gab er mir eine Flasche, die er für mich gemischt hatte und sagte zu mir: Happy Birthday – ich glaube, das wird Dir gefallen! Und in der Tat wurde es sofort mein Lieblingsduft! Ich musste diesen Duft mit der Welt teilen – die Ingredienzen sind sozusagen die „Crème de la crème“ der floralen Noten.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Parfümeur Rodrigo Flores-Roux?
Maria Christofilis: Ich war Consultant bei Shiseido und habe damals, es war im Jahr 2009, mit ihm an Herrendüften für eine internationale Männermodemarke gearbeitet.
Amerika und Europa – du hast schon auf beiden Kontinenten gelebt. Was sind die größten Unterschiede in puncto Duftverwendung und Geschmack?
Maria Christofilis: Ich glaube, Amerikanerinnen experimentieren sehr gerne mit Duft und sind viel weniger loyal zu einer Marke als die europäischen Frauen.
Wie hat sich der Duftmarkt in den vergangenen zwölf Jahren verändert?
Maria Christofilis: Extrem! Es gibt viel mehr Marken, die auf den Markt kommen, sowohl im Massenmarkt als auch in der Nische. Es scheint mir fast, dass alle und jeder einen Duft entwickeln können. Die Herausforderung hingegen liegt darin, eine erfolgreiche Brand zu schaffen, die ein echtes Business darstellt.
Stichwort Distribution – wie sieht deine Strategie aus?
Maria Christofilis: Ich bin ziemlich selektiv, was meine Distribution und Partner angeht, denn ich will sicher sein, dass meine Marke erfolgreich ist und in den Märkten, die ich aufmache, auch unterstützt wird. Solange es ein super Verkaufsteam gibt, das ein perfektes Training der Marken im jeweiligen Store bekommt, ist das schon mal ein guter Ansatz. Wir haben in den USA begonnen – bei Aedes de Venustas, Bergdorf Goodman und Neiman Marcus, haben in Australien lanciert und expandieren diesen Herbst nach Europa.
Und was ist in puncto Neulancierungen geplant?
Maria Christofilis: Zwei neue Düfte – 2016!
Was inspiriert dich?
Maria Christofilis: Absolut alles! Aber am meisten bin ich inspiriert, wenn ich reise und aus meinem Alltagstrott herauskomme.
Marias Insider-Tipps in der Metropole Seattle
- Lieblingsrestaurant: Rione XIII. „Hier gibt es die besten Tonnarelli Cacio e Pepe.“ Rione XIII, 401 15th Avenue, Seattle, WA
- Lieblingsplatz: Frye Museum, 704 Terry Avenue, Seattle, WA.
- Lieblingsläden: Totokaelo, 1523 10th Avenue, Seattle, WA.
Essenza, 615 N 35th Street, Seattle, WA. - Lieblingswochenende auf Orcas Island (bei Seattle)
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Der Autor Ulrich Lang berichtet für INSIDE beauty aus New York, wo er seit 17 Jahren lebt und arbeitet. Die Aktivitäten der gebürtigen Griechin Maria Christofilis verfolgt der Duftunternehmer schon seit langem.