Welche Trends gibt es in Sachen Naturkosmetik, wie entwickelt sich der Markt in anderen Ländern, welche neuen Organic-Produkte gibt es künftig zu kaufen? Die Entwicklung der Natur- und Bio-Kosmetik nimmt weltweit immer mehr Fahrt auf. In den weitgehend gesättigten Kosmetikmärkten Europas dokumentieren stabile Zuwächse von fünf Prozent und mehr einen eindeutigen Trend: Natürliche Schönheitsprodukte sind gefragt wie nie. Deutschland führt dabei im europäischen Ranking. Zu den großen europäischen Naturkosmetik-Nationen zählen neben Deutschland auch Frankreich, Großbritannien und Italien, weltweit steht die USA an erster Stelle.
Bewusste und informierte Käufer
Mit den Begriffen „Green & Clean“ lässt sich der globale Trend auf den Punkt bringen. Die Konsumenten sind es vor allem, so Marktforscher, die die Entwicklung voranbringen. Sie suchen gezielt mildere und natürlichere Produkte, verfügen über ein gutes Fachwissen und wählen bewusster aus. „Ethik und Nachhaltigkeit stehen heute ganz oben auf der Agenda“, sagt Branchenexpertin Elfriede Dambacher, die den Naturkosmetik Branchenreport herausgibt, eine alle zwei Jahre erscheinende Marktstudie. Produkte müssen für diese Käufergruppe eine faire, glaubwürdige Geschichte haben und nicht nur nachhaltig hergestellt sein, sondern Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette aufzeigen. Auch das Thema Verpackung bei Kosmetik komme aufgrund der Diskussion um die Belastung der Meere durch Plastikmüll immer stärker zum Tragen. „Hersteller und Marken müssen heute hohe Ansprüche erfüllen, um Kunden zufriedenzustellen“, erklärt Elfriede Dambacher.
Immer und überall
Die Entwicklung des Naturkosmetikmarktes wird immer stärker durch die Digitalisierung beeinflusst. Die Verkaufszahlen steigen durch die wachsende Verfügbarkeit der Produkte online sowie offline, aber auch duch die starke Präsenz in den Medien, in Bio-Beauty-Blogs und durch innovative neue Marken. Vielfältige Events, die sich direkt an Verbraucher oder weitere Zielgruppen, wie zum Beispiel Markenbotschafter oder Influencer richten, schaffen europaweit Aufmerksamkeit für die Vorzüge von Naturkosmetik. Die Organic Beauty & Wellbeing Week, eine Initiative des britischen Bio-Verbandes und Zertifizierers Soil Association Limited, versetzte das Land letzten Mai beispielsweise in ein regelrechtes „Bio-Beauty-Fieber“. Die Idee dahinter: Produkterlebnis und Informationen zu zertifizierter Natur- und Bio-Kosmetik in stimmungsvolle Bilder und attraktive Angebote zu verpacken.
Unsere grünen Nachbarn
Bio boomt in Frankreich. 2016 verzeichneten die Mitgliedsunternehmen laut des französischen Branchenverbands Cosmebio ein durchschnittliches Umsatzplus von 16 Prozent. Die zahlreichen Marken sind in Bio-Fachgeschäften erhältlich, aber auch der Versandhandel und Online-Shops spielen eine wichtige Rolle. In Italien kommt die Wirtschaft wieder in Schwung, dabei verzeichnet die Bio-Branche ein überdurchschnittliches Wachstum. Natur- und Bio-Kosmetik profitieren davon. Handelskonzepte mit Naturkosmetik, wie zum Beispiel die Kräuterfachgeschäfte Erboristerie, weisen ein stärkeres Wachstum auf.
Und Deutschland? Die Naturkosmetik ist Treiber im Kosmetiksektor. Mit einem Anteil von 8,5 Prozent am 13,6 Mrd. Euro schweren deutschen Kosmetikmarkt ist Deutschland der mit Abstand größte Bio- und Naturkosmetik-Markt in Europa. Dabei sei es nicht einfach – weder für die bekannten Herstellermarken, noch für Newcomer – dem anspruchsvollen deutschen Markt gerecht zu werden, so die Expertin Elfriede Dambacher. Der weltweite Boom habe nämlich auch seine Schattenseiten, denn die multinationalen Konzerne wollen ein Stück vom Kuchen abhaben. Neue Produkte zielten auf Kunden, die sich von der natürlichen Aufmachung und einigen botanischen Inhaltsstoffen beeinflussen ließen, so die Expertin. Umso wichtiger sei es, die Unterschiede zu echter Naturkosmetik auch im Handel noch deutlicher zu machen. Bleibt also zu hoffen, dass die Konsumenten genau hinschauen und sich nicht durch „Greenwashing“, also vom grünen Mäntelchen, was sich einige Produkte lediglich umhängen, in die Irre führen lassen.
Foto: (c) SanneBerg