Drei junge Leute, die sich in schwierigen Zeiten engagieren: Auch wenn Linda, Leon und Majed nichts mit Wellness, Spa oder Reisen am Hut haben, hat uns die Geschiche dieser drei Azubis begeistert. Wir finden ihren Einsatz toll und möchten diesen jungen Menschen danken – stellvertretend für alle anderen Helfer während der Corona-Pandemie.
In Saarlouis fieberten achtzehn angehende Pflegefachleute ihrem Ausbildungsstart Anfang April 2020 entgegen. Plötzlich war COVID-19 da. Die Ausbildung der drei Schüler der Pflegeschule am Krankenhaus Saarlouis vom DRK erhielt damit eine ganz andere Bedeutung:
„Natürlich waren viele von uns anfangs besorgt“, erzählt der neunzehnjährige Leon. „Um mich hatte ich keine Angst, aber meine Mutter zählt zur Risikogruppe. Auch meine Freunde haben mich mit Fragen gelöchert. Trotzdem habe ich nie in Betracht gezogen, meine Ausbildung nicht anzutreten, im Gegenteil.“
In der schwer getroffenen Region erarbeitete das Krankenhaus fieberhaft Konzepte, mit der Pandemie umzugehen. Unvorbereitet ins kalte Wasser geworfen wurden die Schüler nicht. „Am ersten Tag klärte man uns in einer Kleingruppe über unsere Aufgabe auf und leitete uns intensiv an“, erzählt Leon. „Ich durfte ins Mobile Hygieneteam. An unserem zweiten Tag schon haben wir die Aufgabe übernommen, natürlich immer mit Anleitung.“ Das Mobile Hygieneteam stellt die Desinfektion sicher.
Auch für Majed stand außer Frage, seinen Teil beizutragen. „Ich habe nicht nur lange auf diese Chance gewartet, ich will auch helfen“, sagt er. „Gerade jetzt.“ Vor vier Jahren war der Dreiundzwanzigjährige aus Syrien nach Deutschland geflüchtet. „Ich habe mit YouTube deutsch gelernt, jeden Tag. Dann bin ich einem Fußballverein beigetreten, habe Freunde gefunden. Nur wenn man sich traut zu sprechen, kann man die Sprache wirklich lernen.“ Er studierte ein Semester an der HTW, doch es zog ihn immer stärker ins Krankenhaus. An drei Häusern bewarb er sich, in Saarlouis sagte er zu. „Ich fühlte mich dort sofort angenommen und angekommen.“ Am Ziel seiner Wünsche, brach COVID-19 über die Welt herein.
Vier Wochen war er zusammem mit Leon mit den wichtigen Aufgaben betraut des Mobilen Hygieneteams, auch kleinere Aufgaben am Patienten durften die beiden Schüler übernehmen. Wenn es stressig wurde, bemühten sich beide entspannt zu bleiben. Leon:„Wir haben alles getan, was wir konnten. Wenn ich gestresst bin, überträgt sich das auf die anderen und auf die Patienten. Also habe ich mir bewusst gemacht, dass es auch eine Frage der Einstellung ist, wie sehr ich mich stressen lasse.“ Sein Fazit zum Einsatz im Hygieneteam ist positiv. „Ich bin froh, dass die Ausbildung pünktlich gestartet ist, und dann noch mit so einem tollen Orientierungseinsatz. Ich finde mich jetzt problemlos im Krankenhaus zurecht und werde auch unter Zeitdruck nie vergessen, wie wichtig Hygiene ist.“
Entlastung auf der Station
Auch Majed ist froh, dass er helfen konnte. „Wir Schüler konnten die Schwestern entlasten“, erklärt er. Nicht nur durch die Hygiene, sondern auch mit Telefondienst und Botengängen nahmen die Schüler Druck von den stark geforderten Pflegefachkräften. Ein freundliches Wort für Patienten durfte nie fehlen. Wichtig ist Majed auch, das gelernte außerhalb des Krankenhauses weiterzugeben. Immer noch erschreckt es ihn, wie viele Menschen den Mundschutz unter der Nase tragen, an der Händedesinfektion vorbeilaufen oder Abstandsregeln missachten. „Ich sage oft: ´Mein Mundschutz schützt Sie, würden Sie bitte auch mich schützen?` Das versteht dann jeder.“ Umgekehrt hat er beim Joggen im Wald schon älteren Menschen erklärt, dass sie allein an der frischen Luft den Mundschutz abnehmen können und sollten. „Wir lernen doch so viel fürs Leben in unserer Ausbildung. Damit können wir auch außerhalb der Arbeit helfen.“
Anders als ihre beiden Mitschüler absolvierte die siebenundzwanzigjährige Linda gerade den letzten Praxiseinsatz ihrer Krankenpflegehelfer-Ausbildung, als COVID-19 das beherrschende Thema wurde. Da sie im Ambulanten Dienst war, blieb keine Zeit für Panik. Bald war klar, dass die angehenden Pflegefachleute direkt in die Praxis starten. Linda wurde zur Unterstützung der Pflegefachkräfte eingeteilt. Die Erleichterung auf Station, dass trotz und gerade in der Pandemie Schüler zur Unterstützung kamen, war spürbar. In ihrem Team bemühten sich alle, weitgehende Normalität aufrecht zu erhalten. An manchen Tagen schien COVID-19 weit weg. „Dann gab es jedoch die Tage, an denen ich drei Mal gerufen wurde, die Bahre zur Isolierstation zu bringen“, erzählt Linda. „Das war schon heftig, da kamen Bilder von New York oder Italien bei mir hoch.“
Dass das Bewusstsein für den Wert der Pflegeberufe dank COVID-19 in der Bevölkerung angekommen ist, erleben die Pflegeschüler als sehr positiv. Ob Klatschen von Balkonen, kostenfreier Durchhalte-Kaffee oder Geschenkboxen mit Nervennahrung von Unternehmen und Angehörigen, für sie zählt die Geste. „Natürlich kann ich verstehen, dass mehr Geld gefordert wird“, sagt Linda. „Aber für mich persönlich ist es schöner, wenn Menschen mir zeigen, dass sie meine Arbeit wertschätzen. Diese Anerkennung ist sehr wichtig.“
Perspektive für junge Menschen
Majeds Freunde stellen ihm inzwischen viele Fragen zu seiner Ausbildung, besonders seine syrischen Freunde. „In Deutschland gibt es viele syrische Jugendliche, die nicht wissen, was sie mit ihrer Zukunft anfangen sollen. In den letzten Wochen haben mich drei Mädchen gefragt, ob sie vielleicht auch eine Chance hätten, in die Pflege zu gehen. Ich glaube, wir können hier gleichzeitig etwas gegen den Fachkräftemangel tun und jungen Menschen eine Perspektive aufzeigen.“
Alle drei Pflegeschüler sind nach den ersten Monaten überzeugt, die richtige Wahl getroffen zu haben. Der zweiten Corona-Welle sehen die angehenden Pflegefachleute ruhig entgegen. „In diesem Beruf hat man natürlich mit Krankheiten zu tun“, stellt Majed fest, und Leon stimmt zu: „Es ist nicht die erste und wird nicht die letzte Pandemie sein.“ Für leichtsinniges Verhalten in der Bevölkerung haben sie dennoch kein Verständnis. Linda hofft angesichts der wieder steigenden Infektionszahlen auf mehr Einsicht für Hygiene- und Abstandsregeln, fühlt sich aber gewappnet für den Ernstfall. „Ich tue mein Möglichstes und das ruhig. Alles andere hilft doch niemandem.“ Dann ergänzt sie leise: „Aber die Betroffenheit, wenn jemand monatelang bei uns war und es dann doch nicht mehr nach Hause schafft, die wird wohl immer bleiben.“
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