Deutschlands kleinste Landeshauptstadt punktet mit schmucker Altstadt, viel Grün und verträumten Seen. Wer Glück hat, trifft sogar einen echten Schlossgeist. SPA inside war dort.

Vom Schweriner Bahnhof, einem imposanten Gründerzeitbau mit Klinkerfassade und Türmchen, ist es nur ein kurzer Fußweg bis zum Wasser. Vorbei am Seenotrettungsbrunnen (dessen nackte Figuren einst das konservative Bürgertum in helle Aufregung versetzen) geht es zur Promenade am Pfaffenteich – hier wird gejoggt, flaniert, relaxt. Rund um das zwölf Hektar große Gewässer mitten in der Stadt reihen sich schmucke, sanierte Häuser. Wer hier residiert, genießt traumhafte Aussichten. „Die Lage ist begehrt“, weiß Teresa Beck-Babajanyan. Erinnert das nicht fast an die schicke Alster? Irgendwie schon. Tatsächlich: Immer mehr Hamburger entdeckten die Perle Mecklenburgs, ließen sich von (zumindest anfangs) günstigen Preisen anlocken – und tatsächlich ist es mit dem Zug oder Auto gerade mal eine gute Stunde von Schwerin bis in die Hansestadt. „Mancher hat seinen Alterswohnsitz nach Schwerin verlegt“, weiß die Stadtführerin, die Gäste aus aller Welt durch die Straßen dirigiert und mit so mancher Anekdote aufwartet. Zum Beispiel, dass Schwerin viel zu klein für eine „echte“ Großstadt sei. Die einzige deutsche Landeshauptstadt ohne eigenen Flughafen (wer in die Ferne reisen will, muss nach Hamburg, Berlin oder Rostock). Mit nicht mal 100.000 Einwohnern fast schon ländlich. Und doch: Klein, überschaubar, charmant, was das Manko geschickt zum Bonus umgekehrt.

Der Liebe wegen kam Teresa Beck-Babajanyan von Rostock nach Schwerin. Und bringt heute als Stadtführerin Gäste zu den Schön- und Besonderheiten – etwa zum Schlachtermarkt mit seinem Stierbrunnen. Foto: Jens Korch/SPA inside

Wussten Sie, dass das Petermännchen ein (giftig stechender) Fisch ist – aber auch der gute Geist des Schweriner Schlosses so heißt? Der Name ist überall zu finden: bei der Fähre auf dem Pfaffenteich, einer Fahrschule, Bier, Kaffee, Tee … Das Petermännchen bestrafte angeblich Diebe und gab Geld an gute Menschen. Wer Glück hat, entdeckt es (als Stadtführer in Kostüm) heute noch im Stadtbild.

Wie eine Perle liegt sie da, umgeben von Wasser und viel Grün. Ein wenig Glück war dabei, dass im Zweiten Weltkrieg trotz Bombenangriffen nur vier Prozent der Substanz zerstört wurden. Was blieb und auch die DDR-Jahre überdauerte, ist wertvolle historische Bausubstanz. Die glänzt heute an fast allen Ecken in der Altstadt. Herausgeputzt mit schmucken Fassaden und viel Fachwerk, dazwischen Cafés, Handwerksläden, Restaurants, Galerien. Seit 2004 bringt Stadtführerin Teresa Beck-Babajanyan Gäste aus Berlin, dem Ruhrgebiet oder Süddeutschland zu den Highlights – auch Schweden, Finnen, Amerikaner zeigen sich entzückt.
Kreuzfahrt mitten in der Stadt Schnellen Schrittes geht der Weg Richtung Innenstadt, am Pfaffenteichufer entlang. Stadt der sieben Seen, so hieß Schwerin einst – dank Eingemeindungen kamen mittlerweile drei weitere dazu. Einzig der Pfaffenteich ist künstlich angelegt. Auf ihm pendelt seit 1879 eine Fähre. „Die günstigste Kreuzfahrt der Welt“, sagt die Stadtführerin. Dauert auch nur ein paar Minuten bis zur anderen Seite. Vorbei am alten Waffen-Arsenal – ein Haus im Stil florentinischer Palastarchitektur, heute Sitz des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommerns – bis zur Mecklenburgstraße. Direkt vom Wasser führt die Flaniermeile ins Herz von Schwerin.

Einmal mit der Fähre über den Pfaffenteich: Die günstigste Kreuzfahrt der Welt!

Teresa Beck-Babajanyan, Stadtführerin in Schwerin

Zeitreise im Norden

Wer wissen will, wie es früher hier ausgesehen hat, der wird fündig: Zum Beispiel in drei schmalen Gässchen – im Stadtplan eingetragen als 1., 2. und 3. Enge Straße. Oder im historischen Viertel Schelfstadt mit der prägenden St. Nikolaikirche, vielen Fachwerkhäusern sowie Schelf-, Schweine- und Ziegenmarkt als zentralen Plätzen. Am Marktplatz vorm altstädtischen Rathaus lenkt die Stadtführerin den Blick auf eine Löwenskulptur – sie erinnert an Schwerins Stadtgründer Heinrich den Löwen und ist voller skurriler Figuren. Anschauen! Apropos skurril: Das ist auch ein Unikum anderer Art – das Petermännchen. An dieser sagenumwobenen Figur kommt kaum ein Stadtbesucher vorbei. Zu finden ist es am Schloss, das malerisch am Rand der Altstadt auf einer Insel im Schweriner See thront. Ein Prachtbau mit Türmchen, allerlei Zacken, Terrassen und einem hübschen Park drumherum. Dort soll das Petermännchen, ein Schmied, einst einen Gang unterm Wasser bis zum Petersberg nach Pinnow genutzt haben.

  • Klassiker: das Weinhaus Wöhler in Schwerin. 1819 wurde die Weingroßhandlung F. A. Wöhler gegründet. Heute sitzt es sich im Haus in der Schelfstadt ganz charmant-urig.
  • Echt urig. Von 1698 stammt das Haus, in dem sich die Kunstdrechslerei Zettler befindet.

Wahrheit oder Legende? „Wer weiß das schon“, sagt Teresa Beck-Babajanyan. Und führt zum Abschluss zu einem Gemälde im sehenswerten Schlossmuseum. Historiker sind sich sicher, dass darauf der Hausgeist abgebildet ist. Der übrigens tat guten Menschen stets nur Gutes – schlechte Menschen mochte er dagegen nicht. Wagen Sie im Park unter einer kleinen Brücke die Mutprobe: Angeblich wirft das Petermännchen auch heute noch mit Steinen auf jene, die es in der Liebe nicht ehrlich meinen …

Schwerin entdecken

  • Weißt du, wieviel Sternlein stehen? Exakt 8758 sind es – golden funkeln sie vom leuchtend blauen Gewölbehimmel der Schweriner Schlosskirche. Für die Sterne wurden Paten gesucht – Tausende Familien, Unternehmer, Künstler machten bei der Benefizaktion mit und förderten so die Sanierung des Schweriner Schlosses. Die letzten noch „freien“ Sterne werden heute für verdienstvolle Leistungen vergeben.
  • Der höchste Kirchturm im Osten Deutschlands ragt 117,5 Meter über der Schweriner Altstadt auf – gebaut aus Ziegelsteinen in norddeutscher Backsteingotik. Wer den Turm auf den schmalen Stufen erklimmt, genießt beste Ausblicke über die umliegenden Seen und das Stadtzentrum. Etwa auf die Buschstraße (Foto), die vorbei an hübschen Häuschen mit Kneipen, Kunst und Cafés führt.
  • Sieben Gärten mittendrin: Dem Motto der Bundesgartenschau 2009 verdankt Schwerin bis heute viel gepflegtes Grün, angelehnt an die Gartenbaukunst des 18. Jahrhunderts – vom barocken Schlossgarten über Burggraben und Parkanlagen am See.
  • Panzernashorn Clara liebte Bier und Orangen und tourte einst um die Welt. Heute erinnert ein Gemälde an das Tier – Highlight im Staatlichen Museum Schwerin im Schloss.

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