Claudia Michelsen ist eine der gefragtesten deutschen Charakterdarstellerinnen in Film und Fernsehen. Im TV begeisterte sie unter anderem in Uwe Tellkamps „Der Turm“ und in der Nachkriegs-Trilogie „Ku’Damm“. Als Hauptkommissarin Doreen Brasch ist sie seit 2013 im „Polizeiruf 110“ dem Verbrechen auf der Spur. Ab 6. Oktober ist die 53-jährige Dresdnerin wieder im Kino zu sehen. Im Film „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ spielt sie die Chefredakteurin des DDR-Modemagazins „Sibylle“.
Frau Michelsen, Sie sind bis zur Wende 1989 in der DDR aufgewachsen. In Ihrem neuesten Film „In einem Land, das es nicht mehr gibt“, der am 6. Oktober in die Kinos kommt, geht es um DDRGeschichte und die Mode-Szene. Verraten Sie uns etwas mehr?
Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die kurz vor Untergang der DDR reglementiert wird, weil sie Orwell liest, der 1988 immer noch verboten war! Ihr Leben scheint zu Ende, bevor es begonnen hat. Es beginnt die Reise ins Ungeahnte, in die Welt der Gedankenfreiheit, in die Welt der Fotografie und der Mode, die sich in der DDR tatsächlich anders entfalten konnte, da die Regierung damit nicht so viel anzufangen wusste.
Können Sie sich an das Modemagazin „Sibylle“, auch als Vogue des Ostens bezeichnet, noch erinnern und spielte es eine Rolle für Ihren eigenen Style damals?
Tatsächlich hat mich Mode sehr lange gar nicht interessiert. Das kam erst viel später. Aber das Magazin „Sibylle“ hat natürlich eine Rolle gespielt. Auch durfte ich selbst noch Fotos machen mit Sibylle Bergemann (eine der bekanntesten Vertreterinnen der Fotografie der DDR, 2010 gestorben, Anm. d. Red.) sowie Ute und Werner Mahler (stilprägendes Fotografenpaar des Ostens, Anm. d. Red.). Das waren und sind ja großartige Fotografinnen und Fotografen. Die „Sibylle“ war ja keine normale Modezeitung, sie war Statement und Ort für besondere Fotografie und deren Erzählungen und Geschichten.
Sind Sie heute modeaffin?
Inzwischen kann ich die Frage mit ja beantworten, denn ich habe viele Jahre in Amerika gelebt und da wird man das fast zwangsläufig. Natürlich ist es auch heute noch so – wenn ich in der Natur bin, hat die Modeaffinität Pause. Aber trotzdem ist Mode für mich Kultur und auch Ausdruck davon, wie man mit sich selbst umgeht. Und damit meine ich nicht teure Luxusartikel.
Was ist das entscheidende Kriterium, damit Sie eine Rolle oder einen Charakter spielen?
Die Geschichte im Ganzen, manchmal auch ein Moment einer Figur sollte mich berühren oder mir das Gefühl von Notwendigkeit geben, dass ich das erzählen muss. Wenn das da ist, ist das natürlich herrlich. Nur so kann ich auch versuchen, etwas beizusteuern bzw. hinzuzufügen. Bei manchen Angeboten ist es auch die Konstellation der Leute, mit denen man zusammen arbeiten kann. Menschen, auf die ich neugierig bin, egal wie groß oder klein die Figur ist.
Können Sie sich vorstellen, etwas anderes zu tun – später einmal? Oder umgekehrt: Wollten Sie immer schon Schauspielerin werden?
Nein, ich wollte tatsächlich als junges Mädchen Opernregisseurin werden, aber irgendwie bin ich in der Schauspielerei hängen geblieben. Ist ja auch nicht das Schlechteste und ich hatte viel Glück. Und was noch so kommt, da bin ich ganz offen und gespannt.
Ihre Lieblingsbeschäftigung zum Runterkommen nach Drehtagen?
Oh, so etwas habe ich nicht. Das kann sich bei mir täglich ändern. Aber viel- leicht kann ich sagen: Lange Spaziergänge, gerne und oft.
Sind Sie ein Familienmensch?
Ja, ganz und gar.
Sie leben in Berlin – gern?
Berlin war für die letzten 20 Jahre sehr gut für meine Töchter und mich. Eine Stadt, in der man vieles kann, aber nichts muss. Eine Stadt, die sich aber auch sehr verändert hat in den letzten beiden Jahrzehnten – eine wachsende Metropole, der man sich genauso auch schnell entziehen kann, wenn man möchte.
Wenn Sie ein Jahre frei hätten, was würden Sie tun?
Reisen, reisen, reisen.
Was Heimat für Claudia Michelsen bedeutet, welches ihr größter Mode Fauxpas war erfahren Sie hier: SPA inside