Ein Feierabendbier mit Hartmut Rosa wäre toll
Lia von Blarer ist 1992 in der Schweiz geboren, lebt in Berlin und Paris. Sie studierte an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock und an der renommierten École supérieure d‘art dramatique de Paris. In der Rolle der jungen Mutter Emma brillierte sie gerade in den beiden Staffeln der ARD Sadcom „MaPa“.
Die junge Schauspielerin sorgte 2021 mit ihrem Auftritt in der ARD-Serie „Eldorado KaDeWe“ für Aufsehen und brillierte auch im Film „Youth Topia“. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnet sie als Charlotte Gainsbourg der Schweiz.
Lia von Blarer, wollten Sie schon immer Schauspielerin werden oder gab’s Alternativen?
Schauspiel war der einzige Beruf, der jede Perspektive und jeden Widerspruch erlaubte, deswegen hat er mich immer schon fasziniert. Alternative wäre noch das Schreiben gewesen, das habe ich zwischenzeitlich aber auch in meine Berufsrealität integrieren können.
Sie spielen auch in der zweiten Staffel der ARD Sadcom „MaPa“ mit, allerdings ist ihre Figur in der ersten Staffel bereits gestorben: Was war das Reizvolle an dieser Rolle?
Die Figur der Emma lag mir sowohl in der ersten als auch in der zweiten Staffel sehr am Herzen. Sie eckt an, sie ist kein perfekter Mensch, ist unsicher und auf der Suche, gerade auch in ihrer Mutterrolle. Diese Suche, das Unstete darin, das hat mich interessiert.
Welche Schauspielerin inspiriert und fasziniert Sie?
Tilda Swinton. Ich liebe ihre Vielfältig- und Wandelbarkeit.
Schauspielerei ist immer auch Körperarbeit. Wie halten Sie sich fit?
Ich habe kein durchgehendes Konzept, um fit zu bleiben. Je nach Rolle unterscheidet es sich zudem. Mal brauche ich morgens vor jedem Drehtag Atem- und Stimmübungen, mal sind es Wanderungen zwischen den Drehtagen, die mir Kopf und Körper lüften. An und für sich liegt mir Bewegung sehr nah, ich bewege mich viel, selbst in meinem Alltag.
Was macht Sie zufrieden?
Ein entdeckungsreicher Dreh- oder Probentag.
Ihr liebstes Wort auf Schwitzerdütsch?
„Fudi“ (Hintern) – aber auch schön ist:
„S nimmt mi wunder.“ (Ich frage mich oder ich bin neugierig).
Sie leben in Berlin – welcher Stadtteil ist ihr liebster?
Ich glaube, ich teile Berlin gar nicht unbedingt nach Stadtteilen ein, sondern eher nach guten Erinnerungen und Atmosphäre. Und die finde ich am Tegeler See genauso wie in Neukölln, Mitte und Friedrichshain. Gerade lebe ich in Paris und hier sind es das 10. Arrondissement, die Umgebung um den Jardin des Plantes und das Kino Le Louxor, die es mir besonders angetan haben.
Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne mal ein Feierabendbier trinken und warum?
Ein Feierabendbier mit Hartmut Rosa (Anm. d. Red.: deutscher Soziologe und Politikwissenschaftler) wäre toll. Und ein damit verbundenes Gespräch über Resonanz, Unverfügbarkeit und die Parallelen dazu in der Schauspielkunst.
Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung Ihrer Generation?
Die Ambiguität und Vielschichtigkeit unserer Zeit. Diese Gleichzeitigkeit der Ereignisse und das ununterbrochene Mitbekommen einzelner Ausschnitte. Es scheint zunehmend schwerer, den Überblick zu behalten und Zusammenhänge zu benennen.
Woran haben Sie gemerkt, dass Sie erwachsen geworden sind?
Erwachsen fühle ich mich in den Momenten, in denen ich Parfum trage. Oder Kaffee trinke …
Wovon handelt Ihr Buch „Hurry Up and Wait“, und wie ist das Projekt entstanden?
Valerie Stoll und ich spielten das lesbische Liebespaar Hedi & Fritzi in der ARD Serie „Eldorado KaDeWe“, die wir 2021 in Ungarn gedreht haben. Zeitgleich zu den Dreharbeiten wurde von der aktuellen ungarischen Regierung ein Gesetz erlassen, das die Darstellung von homosexueller Liebe und queerem Leben unterbindet. In unserem Fotobuch stellen wir unsere analogen Fotografien der Dreharbeiten Texten aus der ungarischen queeren Community gegenüber. Der Gewinn des Buches wird an die NGO Budapest Pride gespendet, um die Menschen der queeren Community in ihrer Unabhängigkeit monetär zu unterstützen!
Interview: Dorit Schambach
Buchtipp
Hurry Up and Wait: Der Trost der Dinge
Fotos von Dreharbeiten zur ARD-Miniserie Eldorado KaDeWe werden Texte und Gedichte queerer ungarischer Künstler gegenüber gestellt.
Herausgegeben von Lia von Blarer und Valerie Stoll, Verlag Kettler, 224 Seiten, 2022, 32 €.
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