Generationen und ihre Bedürfnisse

Der durchschnittliche Gast im Wellnesshotel ist zwischen 50 und 69 Jahren alt. Sicher ist das keine neue Erkenntnis. Aber ein wichtiger Faktor, um sich zu positionieren. Dabei lohnt es sich, auch die anderen Generationen mal genauer zu betrachten. Denn die buchen bei passenden Angeboten auch gern einen Wellnessurlaub.

Wellness hat unter jüngeren Leuten einen wachsenden Stellenwert, und natürlich finden auch sie den Weg ins Wellnesshotel. Wie das Pärchen um die 30, das mir im Spa eines deutschen 5-Sterne-Hauses erzählte, dass sie das Wochenende von ihren Eltern geschenkt bekommen hätten – Kinderbetreuung inklusive. Im Vergleich zur eingangs genannten Altersgruppe sind junge Leute aber deutlich in der Minderzahl. Und das, obwohl viele Häuser ihr Ambiente inzwischen an die jüngeren Generationen angepasst haben, sei es in Sachen stylisches Ambiente oder durch Angebote wie Event-Saunen, die mit fantasievollen Aufgüssen und Musik gerade das jüngere Publikum besonders ansprechen.
Von den sechs Generationen, die aktuell dem Kanon der Sozialwissenschaften zugehören, sind für die Wellness-Branche vor allem die Babyboomer, Generation X, die Millennials sowie Generation Z interessant. Unter Babyboomern versteht man – die Definitionen variieren, nicht zuletzt nach Region bzw. Land – die zwischen 1946 und 1964 Geborenen. In diesem Zeitraum kamen innerhalb des letzten Jahrhunderts die meisten Kinder auf die Welt. Es war eine Phase des Aufbaus nach den Härten und Entbehrungen des Zweiten Weltkriegs. Boomer sind mit dem positiven Grundgefühl aufgewachsen, dass es stetig bergauf geht. Die Arbeitslosenquote war niedrig, die Wirtschaft florierte (Stichwort Wirtschaftswunder). Man konnte sich etwas leisten, arbeitete aber auch hart dafür. Fleiß war die Tugend der Stunde, er versprach Wohlstand und Anerkennung. Dafür gönnte man sich gerne was, etwa Urlaub, auch im Ausland.


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Kinder und Teenis sind die Gäste von morgen – frühzeitige Bindung ans Hotel hat durchaus einen nachhaltigen Hintergrund

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Zielgruppen in Zahlen
2023 waren laut Statistischem Bundesamt 26,8 % der deutschen Bevölkerung zwischen 40 und 60 Jahre alt – der höchste Prozentsatz. Zusammen mit den 22,6 % der 60- bis 80-Jährigen ergibt sich eine Schnittmenge von 24,7 % die der aktuell größten Gästegruppe in Wellnesshotels zwischen 50 und 69 Jahren entspricht. Dicht auf den Versen sind ihnen die 20- bis 40-Jährigen mit 24,5 %. Das ist immerhin ein Viertel der Bevölkerung – ein Potenzial, das die Wellnessbranche mit gezielten Maßnahmen ausschöpfen kann, auch, um für die Zukunft vorzubauen.


Longevity & Anti-Aging

Urlaub hat auch heute einen großen Stellenwert für die Angehörigen dieser Generation. Und weil sie finanziell meist gut aufgestellt sind und viele von ihnen bald schon in Rente sein werden oder bereits sind, urlauben sie häufig und sind auch bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen – wenn die Qualität stimmt. Der Entspannungs- und Erhokungsfaktor steht bei ihnen hoch im Kurs. Aufgrund ihres Alters interessieren sie sich in Sachen Beauty und Wellness für Anti- bzw. Best Aging-Angebote. Aber auch Gesundheitsthemen sind ihnen sehr wichtig. Wenn Sie in Ihrem Haus eines der aktuell so trendigen Longevity-Programme anbieten, das beides miteinander verbindet, haben Sie bei dieser zahlungskräftigen Gruppe gute Karten. Kunden aus der Generation Babyboomer sind außerdem treu. Wenn es ihnen in Ihrem Haus gefallen und Ihr Angebot den Nerv getroffen hat, kommen sie gerne wieder.
Auf die Babyboomer folgt die Generation X, also all jene, die zwischen 1965 und 1980 geboren wurden. In der Arbeitswelt sind sie aktuell dominierend, gerade auch in Führungspositionen. Angehörige der Gen X schätzen einen hohen Lebensstandard und arbeiten auch dafür, legen aber außerdem großen Wert auf Freizeit, also auf die vielbeschworene ,,Work-Life-Balance“. Arbeit ist für sie mehr ein Mittel zum Zweck. Die Xer gelten als Zwischengeneration. Sie sind noch ohne digitale Tools aufgewachsen, haben die Entwicklung aber miterlebt und waren auch die ersten, die Computer sowohl privat als auch beruflich nutzten. Neben dem technologischen Fortschritt hat diese Generation aber auch manche Krise erlebt, außerdem die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, den Fall der Mauer oder den Krieg in Jugoslawien. Dadurch lernten sie, mit Unsicherheiten umzugehen und lösungsorientiert zu handeln. Die Xer sind häufig pragmatisch, realistisch und unabhängig. Außerdem neigen sie zu Individualismus. Maßgeschneiderte Wellness-Angebote kommen bei ihnen besonders gut an. Sie sind auch versiert im Umgang mit digitalen Buchungsverfahren und nutzen sie gerne als unkomplizierte Möglichkeit, notwendige Formalitäten abzuwickeln. Da sie häufig noch schulpflichtige Kinder haben, interessieren sie sich zudem für Angebote, bei denen die ganze Familie auf ihre Kosten kommt.

Bestens vernetzt

Millennials, ,,Jahrtausender“, nennt man die Generation, deren Kindheit und Jugend in die Zeit um die Jahrtausendwende fielen, also die zwischen 1981 und `94 Geborenen. Sie erlebten die Terroranschläge von 9/11 oder eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, was in ihnen ein Gefühl der Unsicherheit weckte. Gleichzeitig sind sie die ersten ,,Digital Natives“. Zwar haben sie ihre Kindheit noch ohne Smartphone erlebt, lernten als Teenager aber ganz selbstverständlich, mit den digitalen Medien umzugehen. Für Millennials ist die Freizeit wichtiger als die Arbeit, letztere soll außerdem Spaß machen. Materielle Werte haben für sie weniger Bedeutung als Erlebnisse. Die Generation ist gut vernetzt, schätzt Teamwork, strebt aber zugleich nach Selbstverwirklichung. Und sie legen Wert auf Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Viele Millennials haben Familien mit jüngeren Kindern. Da die doppelte Berufstätigkeit dennoch selbstverständlich ist, haben sie genügend Geld für Urlaube. Zugleich schätzen sie die Auszeit vom stressigen Alltag und der Doppelbelastung. Personalisierte Angebote kommen gut bei ihnen an, ebenso unterhaltsame Angebote für die Kids, möglichst mit Betreuung. Da sie es gewohnt sind, ihr Leben mithilfe digitaler Tools zu organisieren, erwarten sie das auch von einem Wellnessurlaub. Social Media-Marketing, digitale Buchungsoptionen und neue Technologien im Haus sind daher unumgänglich, wenn Sie diese Altersgruppe erreichen möchten.
Bleibt noch die Generation Z, geboren zwischen 1995 und 2009. Junge Erwachsene, echte Digital Natives, deren ganzes Leben vom Smartphone geprägt ist. Ohne Handy geht hier gar nichts mehr, digitales und reales Erleben vermischen sich. Angesichts der vielen Optionen fällt es den Zlern oft schwer, sich zu entscheiden. Außerdem erzeugt das vermeintlich so perfekte Leben von Influencern und anderen, durch Filter aufgehübschten Usern großen Druck, was Aussehen und Leistung betrifft. Die Schnelllebigkeit der Social Media bedingt zudem eine gewisse Unverbindlichkeit. Zugleich besteht der Wunsch nach Individualität und Selbstverwirklichung. Die Gen Z schätzt zugleich familiäre Geborgenheit. Diese Zielgruppe ist Beauty- und Wellness-affin, will dabei aber weniger entspannen als vielmehr aktiv werden. Workshops, Retreats und ähnliche Angebote sind darum genau das Richtige für sie. Diese Erfahrungen werden dann gerne auf den sozialen Medien geteilt, weshalb das Ambiente einen besonderen Stellenwert einnimmt. Ein Infinity-Pool und eine avantgardistische Innenausstattung sind eben ,,instagrammable“. Dadurch werden Gäste aus der Generation Z gleichzeitig wichtige Werbeträger für Ihr Hotel oder Spa. Was früher die Mundpropaganda war, ist heute der Beitrag auf Instagram oder TikTok. Junge Leute der Generation Z mögen auch immersive Wellnessangebote und (Fitness-)Geräte, die sich mit dem Handy verbinden und steuern lassen. Von einem Wellnesshotel erwarten sie auch, dass es auf ihre Ernährungsgewohnheiten eingeht und zum Beispiel ein angemessen breites veganes Speisenangebot bereitstellt.

Perfekter Mix Ein gemeinsamer Hotelbesuch entspannt alle Familienmitglieder, lässt Freiräume für jung und alt (Foto: shutterstock_Robert-Kneschke)

Alle wollen Wellness

In den kommenden Jahren werden die Generation Z und die Millennials zunehmend an Bedeutung gewinnen. Es macht darum nicht nur Sinn, sondern ist fast schon eine Notwendigkeit, auf die Eigenheiten dieser Generationen einzugehen und sein Angebot entsprechend anzupassen. Denn Wellness bleibt gefragt – generationenübergreifend!