Erwachsen zu werden war nie leicht. Und auch die heutige Jugend kämpft mit ihren ganz eigenen Themen. Während sich jede junge Generation mit den Tücken der Pubertät wie Pickeln, Schweißgerüchen und fettigen Haaren auseinandersetzen muss, kommt jetzt noch das unsichere Gefühl hinzu, nicht mehr einfach zu einem Mann oder einer Frau zu werden. Ob non-binär oder genderfluid – noch nie zuvor gab es so viele Möglichkeiten, wie Geschlecht gelebt werden kann.
Mit 68 Prozent stehen die jungen Erwachsenen dieser Entwicklung einerseits sehr positiv gegenüber. Andererseits verstärken die vielen Möglichkeiten das Gefühl des körperlichen Kontrollverlusts, denn eine der letzten Sicherheiten im Leben gerät ins Wanken. Hinzu kommt: Neben diesen körperlichen Unwägbarkeiten erleben die Jugendlichen auch auf gesellschaftlicher Ebene viele Krisen. Klimakrise, Kriege und Inflation verunsichern die jungen Erwachsenen zusätzlich. 59 Prozent finden finanzielle Unsicherheiten extrem beängstigend.
Was tun gegen dieses Gefühl des Kontrollverlusts auf ganzer Linie? Die Jugendlichen bleiben bei ihrer Strategie, die schon in den vergangen IKW-Jugendstudien beobachtet wurde: Sie beschäftigen sich mit dem Naheliegendsten und modellieren sich selbst.
Fassade glätten
Aus Sicht der Jugendlichen lohnt es sich, in den Körper zu investieren. Denn den eigenen Körper können sie am besten kontrollieren. Mit einer glatten Fassade möchten die jungen Menschen so nach außen den Eindruck vermitteln, ihr Leben im Griff zu haben.
55 Prozent sind überzeugt davon, dass niemand ihnen ihre möglichen Probleme anmerkt. Neben dem Gang ins Fitnessstudio, wo sie den eigenen Körper gestalten, nutzen sie Kosmetik und Schönheitspflege, um das Äußere zu pflegen, zu verschönern und letztendlich zu kontrollieren. 71 Prozent der Jugendlichen sagen, dass ihnen Kosmetik wichtig ist im Leben und 73 Prozent erleben durch Körper- und Schönheitspflege Sicherheit und Kontrolle.
Auf das richtige Mindset kommt es an
Der andere Teil der Ich-Modellierung findet auf psychischer Ebene statt. Und hier heißt das Ziel: Glücklich sein. 55 Prozent der jungen Frauen und Männer wünschen sich, immer glücklich zu sein. Das gilt für alle Bereiche ihres Lebens, in der Partnerschaft und im Freundeskreis genauso wie in der Familie und in der Freizeit. Aber insbesondere in ihrem Job möchten die Jugendlichen ihr immerwährendes Glück finden. 74 Prozent erwarten, dass ihr Traumjob sie ihr ganzes Leben lang glücklich machen muss. Der Weg zum ewigen Glück ist aus Sicht der Jugendlichen dabei eng mit dem richtigen Mindset verbunden. Denn mit dem richtigen Mindset kann man in ihren Augen alles im Leben erreichen.
Mit dem Traumjob zum Glück
Der richtige Job muss aber nicht nur glücklich machen. Mit ihm muss sich auch viel Geld verdienen lassen. Vor dem Hintergrund finanzieller Existenzängste ist es nachvollziehbar, dass die Jugendlichen Wert auf ein gesichertes Einkommen legen. Die geäußerten Vorstellungen eines durchschnittlichen Nettoeinkommens von über 7.000 Euro erscheinen jedoch genauso wenig realistisch wie der Wunsch nach ewigem Glück.
Auf dem Weg zum Glück gibt es jedoch eine Hürde: die Wahl der richtigen Ausbildung. In diesem Bereich des Lebens können sich die Jugendlichen nur schwer festlegen. Insbesondere dann, wenn das Studium oder die Lehre langwierig und nicht immer spannend sind. Viele brechen immer wieder ab und sehen sich nach etwas Aufregenderem um. 62 Prozent sind der Meinung, dass sie tendenziell nach wenigen Wochen wissen, ob der gewählte Beruf das Richtige ist und 47 Prozent wollen noch viel ausprobieren, ehe sie sich beruflich festlegen.
Als inspirierend werden in diesem Zusammenhang „Abkürzungen zum Glück“ empfunden, wie sie beispielsweise in sozialen Medien wie TikTok versprochen werden. In nur wenigen Tagen wird man dort zum gefeierten Immobilienmakler und mit dem richtigen Mindset überzeugt man seine Chefs spielend leicht im beruflichen Alltag. Doch das ständige Abbrechen und die damit verbundene Ungewissheit strengen auch an. Viele der jungen Menschen fühlen sich erschöpft. Reisen verspricht hier Entspannung. Gleichzeitig kann man dauernd etwas Neues erleben. Reisen steht für einen ewigen, ständigen Neuanfang – aus psychologischer Sicht ist „Reisen“ daher der Traumjob der Jugend.
Das bewirkt Kosmetik
Ihr Äußeres zu bearbeiten, ist für die Jugendlichen sehr wichtig. Mit Kosmetik haben sie das Gefühl, die Kontrolle in ihrem Leben wiederherzustellen. Auch wenn sie in anderen Bereichen ihres Lebens wenig Durchhaltevermögen zeigen: Bei ihrer Schönheitspflege bleiben sie ganz selbstverständlich dran. 49 Prozent nutzen Kosmetikprodukte explizit, um anderen zu zeigen, dass sie ihr Leben im Griff haben. 50 Prozent verwenden Kosmetikprodukte besonders deshalb, weil Kosmetikroutinen ihren Alltag strukturieren. Auffällig ist, dass die Jugendlichen inzwischen in fast allen Produktbereichen eine viel größere Vielfalt an Produkten verwenden, als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Knapp 30 Prozent der jungen Menschen – auch Männer – führen täglich bestimmte Beauty-Routinen durch und nutzen neben Reinigungs- und Pflegeprodukten auch Masken und Seren. Toner, Primer, Mundspülungen oder Haaröle sind nur einige der Produkte, die von ihnen ganz selbstverständlich regelmäßig verwendet werden.
Birgit Huber, Bereichsleiterin des Kompetenzpartners Schönheitspflege im IKW: „Mit der aktuellen Jugendstudie wollen wir weiter an den Jugendlichen dranbleiben und es war uns wichtig zu verstehen, was sie bewegt. Kosmetikprodukte sind ein wichtiger Ankerpunkt im Leben der jungen Frauen und Männer. Sie steigern das Selbstwertgefühl und geben den Jugendlichen Sicherheit und Kontrolle. Kosmetik ist daher existenziell für die Jugend und alles andere als oberflächlich.“