Mehr als 85 Prozent der Menschen in Deutschland vertrauen den Empfehlungen und Tipps von Freunden und Bekannten. Eine gute Empfehlung ist daher Gold wert. Das weiß jeder, dessen Geschäft oder dessen Leistungen schon empfohlen wurden. Doch wie funktioniert professionelles Empfehlungsmarkting? INSIDE beauty hat nachgefragt.
„Mundpropaganda ist ein imposantes Ausdrucksmittel von Verbrauchermacht.“
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, Buch- & Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für Loyalitätsmarketing und ein kundenfokussiertes Management.
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INSIDE beauty: Frau Schüller, worauf kommt es an, wenn man sich mit Empfehlungsmarketing beschäftigt?
Anne M. Schüller: Jede Empfehlung ist ein Vertrauensbeweis. Wer also plant, sein Empfehlungsmarketing systematisch aufzubauen, muss einerseits Wert auf absolute Fairness, andererseits Wert auf eindrucksvolle Höchstleistungen legen. Will heißen: Sie müssen auf Ihrem Gebiet bekannt und anerkannt, also Experte und Spitzenleister sein. Empfohlen wird nur, was herausragend, einzigartig oder aufsehenerregend ist. So kann sich der Empfehler mit Ihnen schmücken – und anderen etwas ganz besonders Gutes tun. Dabei gilt es, Kopf und Herz zu berühren. Denn nur, wer von Ihrer Sache restlos überzeugt und Ihnen wohl gesonnen ist, wird Sie enthusiastisch weiterempfehlen. Man muss also vertrauenswürdig und sympathisch sein, erst dann kommt das Empfehlungsgeschäft richtig in Gang. Denn wir empfehlen niemanden, den wir nicht leiden können. Auch Zufriedenheit reicht nicht. Erst wenn die Kunden restlos begeistert sind, bringen sie uns bei anderen wohlwollend ins Gespräch.
Warum führt auch für mittelständische Händler kein Weg an professionellem Empfehlungsmarketing vorbei?
Anne M. Schüller: Auch der Handel muss sich nun endgültig von der Idee verabschieden, dass alles durch eigene Vertriebs- und Marketingarbeit gesteuert werden kann. Wer heute konsumiert oder investiert, glaubt eher den Botschaften seiner Freunde oder den Berichten der Online-Gemeinde als den Hochglanzbroschüren von Herstellern und Anbietern am Markt. Die neuesten Nielsen-Zahlen sagen, dass wir zu 88 Prozent auf die Ratschläge unseres Umfeldes vertrauen. Und zu 64 Prozent vertrauen wir dem, was auf Meinungs- und Bewertungsportalen steht. Mundpropaganda ist also ein imposantes Ausdrucksmittel von Verbrauchermacht. Viele Anbieter haben potenzielle Kunden auf diese Weise bereits verloren, noch bevor diese überhaupt einen ersten direkten Kontaktversuch starten.
Wichtig ist es, professionell und abteilungsübergreifend zu agieren. Welche Bereiche sind involviert?
Anne M. Schüller: Jeder Mitarbeiter, egal, ob er direkt oder indirekt mit den Kunden zu tun hat, muss auf seine Weise dafür sorgen, dass die Kunden immer wiederkommen und beschwingt die Werbetrommel rühren. Denn Kunden betrachten ein Unternehmen immer als Einheit. Jeder muss einen perfekten Job machen. Wenn es auch nur an einer Stelle klemmt oder ein einziger Mitarbeiter patzt, dann war aus Sicht des Kunden „dieser Saftladen“ schuld. Und das war’s dann mit der Kundentreue und dem Weiterempfehlen.
Auch beim Empfehlungsmarketing sollte offline mit online idealerweise verzahnt werden. Welche Vorgehensweise empfiehlt sich für Fachhändler?
Anne M. Schüller: Immer mehr Menschen sind heute in einer „Mixed Reality“ unterwegs: Via Smartphone & Co. bewegen sie sich im schnellen Wechsel zwischen offl ine und online. Beide Welten sind für sie längst zusammengewachsen. Die größte Herausforderung für die Anbieter ist es nun, Kommunikationsstrategien zu entwickeln, die so selbstverständlich mit beiden Medienwelten spielen wie die Konsumenten. Und das heißt dann auch: Einen Bruch zwischen offline und online darf es nicht geben. Es muss egal sein, an welchem Touchpoint die Kunden schließlich kaufen, Hauptsache, sie tun es bei uns und nicht bei der Konkurrenz.
Empfehlungsmarketing ist also eine fortwährende Aufgabe. Warum lohnt sich der nicht unerhebliche Aufwand?
Anne M. Schüller: Naja, ein Empfehler ist Ihr bester Verkäufer. So sicher wie das Amen in der Kirche sorgt er für hochwertiges Neugeschäft. Seine Abschlussquoten liegen weit über dem Durchschnitt. Denn Empfehler haben einen Vertrauensbonus. Sie machen neugierig und verbreiten Kaufl aune. Deren Empfehlungen wirken glaubwürdig und neutral. Hierdurch verringern sich Kaufwiderstände erheblich und das Ja-Sagen fällt leicht. Empfohlenes Geschäft ist quasi schon vorverkauft. Dies führt bei dem, der die Empfehlung erhalten hat, zu einer positiveren Wahrnehmung, zu einer höheren Gesprächsbereitschaft, zu kürzeren Gesprächen, zu einer geringeren Preissensibilität, zu höherwertigen Käufen, zu zügigen Entscheidungen und zu mehr Loyalität. Und schnell auch zu neuem Empfehlungsgeschäft.