Fast wie ein Tanz sieht es aus. Geschmeidig, fließend, nicht zu schnell, keine Hektik, keine sichtbare Kraftanstrengung. Wer Menschen zuschaut, die Tai Chi oder Qigong praktizieren, ist erstaunt über die vermeintlich simplen Abläufe. Dabei sagt eine alte überlieferte chinesische Weisheit, dass tatsächlich viel mehr dahinter steckt, denn: Tai Chi macht jeden, der es praktiziert, so stark wie einen Holzfäller, so gelenkig wie ein Kind und so gelassen wie einen Weisen.

Neue Kraft schöpfen

Die Kampfkunst Tai Chi mit ihrer jahrhundertelangen Tradition setzt heilsame Kräfte frei. Ob Stress, Schmerzen, Asthma, Kreislauferkrankungen, Knieprobleme oder Konzentrationsbeschwerden – in vielen Fällen schöpfen Betroffene aus dem täglichen Üben neue Kraft. Und finden den Weg zurück zu ihrer körperlichen Mitte und zur inneren Balance. Auch Qigong werden diese positiven Kräfte zugeschrieben – wenngleich auch anderer Natur. Gemeinsam ist ihnen dies: „Mit beiden kann der Mensch viel für sich und seine Gesundheit tun“, heißt es beim Deutschen Tai-Chi-Bund. In diesem Dachverband sind die landesweit führenden Institute zur Ausbildung von Lehrern für beide fernöstlichen Kampfkünste und Meditationsformen vereint. Denn es geht nicht nur vordergründig um Gesundheit, Prävention und Wellness. Sondern auch darum, gewisse Standards und Qualitäten einzuhalten. Schließlich sollen all jene, die sich auf Qigong oder Tai Chi einlassen, auch davon profitieren.

Viele Menschen sind im Alltag so eingespannt, dass sie in ihrer Freizeit einen sportlichen Ausgleich suchen. Einerseits werden die Sportarten dadurch immer extremer. Um sich richtig auszupowern, reicht vielen eine Runde Joggen längst nicht mehr – was die steigende Zahl der Teilnehmer an Marathonrennen und Triathlonevents zeigt. Andererseits steigt die Nachfrage nach ganzheitlichen Alternativen. Dr. Imke König, Medical Spa Direktor vom Wellnesshotel Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen, erklärt dieses Phänomen mit den traditionellen Ordnungsprinzipien der chinesischen Weltsicht Yin und Yang: „In der westlichen Gesellschaft wird das Yang – also die Aktivität – immer höher geschätzt als das Yin, die Regeneration. Aber es muss beides ausgeglichen sein. Viele Menschen spüren das durch innere Unruhe oder Schlafstörungen, selbst oder gerade, wenn sie intensiv Sport treiben.“ Denn anstrengender Sport sei ebenfalls Yang, also nicht regenerierend, sagt Dr. König, die sich als Ärztin auch in Traditioneller Chinesische Medizin (TCM) hat ausbilden lassen und es seit 35 Jahren praktiziert. „Qigong ist eher Yin, also regenerativ, weil die Bewegungen mit dem Atemrhythmus sehr ruhig und angepasst an die aktuelle Leistungsfähigkeit sind.“ Geatmet wird durch die Nase. Wichtig: „Wer Qigong macht, sollte nicht ins Schwitzen kommen.“

Am besten beides

Qigong, Tai Chi oder auch die Fünf Tibeter – welche Übungen, welches Training ist für wen geeignet? Da wären zunächst Qigong und Tai Chi. Dr. Imke König: „Bei Qigong und Tai Chi wird von reinen Gesundheitsübungen gesprochen. Dabei geht es in erster Linie um Körperbeherrschung und darum, seinen gesunden Körper zu erhalten.“ Es sei sinnvoll, so die Expertin, Tai Chi mit Qigong zu verbinden. „Im Tai Chi muss die Wirbelsäule sehr gerade gehalten werden. Es gibt nur Bewegungen im Hüftgelenk und in der Halswirbelsäule, aber keine Vor- oder Rückbeugung, keine Rotation der Wirbelsäule. Beim Aufwärmen mit Qigong wird dann genau das gezielt gemacht.“ Welche der beiden Bewegungsmethoden besser zu einem passt, lässt sich nicht einfach sagen. Am besten ist es, einmal in beide hineinzuschnuppern, sich bei einem Lehrer zu informieren. Und dann zu entscheiden. Wer Ruhe, Harmonie, innere Ausgeglichenheit sucht und Stress abbauen will, ist auf jeden Fall gut beraten – ganz gleich, ob nun bei Tai Chi oder Qigong.

Tag für Tag

Im Übrigen sei all denen, die täglich mit ein paar wenigen, aber intensiven Übungen beginnen wollen, die Fünf Tibeter empfohlen. Die Abfolge soll aus einem entlegenen Kloster im Himalaya stammen und dem Yoga entlehnt sein. Regelmäßig morgens oder abends absolviert, spüren Sie sicher bald eine größere Beweglichkeit und Vitalität. Denken Sie jedoch daran, nicht gleich aufs Ganze zu gehen, sondern mit wenigen Wiederholungen zu beginnen, um den Körper zu aktivieren. Und ihm Zeit zum Regenerieren zu lassen.