Marrakesch, die rote Königsstadt, entwickelt sich zur magischen Luxusdestination. Nobelherbergen, die wie Pilze aus dem Boden schießen, bestechen mit verschwenderischer Schönheit. Quirlige Plätze, verwinkelte Gassen, die farb- und geruchsintensiven Souks versprühen das mystische Flair von 1001 Nacht. SPA inside entführt Sie an die schönsten Orte und in noble Hotels.
Faszinierend ist die eineinhalb Millionen Metropole schon von oben, beim Landeanflug auf den modernen Flughafen Menara. Denn Marrakesch hat wenig gemein mit den Städten, die man sonst so kennt. Betonwüsten und Autobahngefl echte? Fehlanzeige. In den Himmel ragen hier nur die Minarette der Moscheen und ein paar moderne Bürogebäude. Stattdessen Rot soweit das Auge reicht: rote Erde, rote bis rosafarbene Gebäude, die selten mehr als drei oder vier Stockwerke hoch sind, dazwischen ein paar grüne Tupfer, die grünglasierten Ziegel einiger Dächer. Später erfahre ich, dass die Dächer traditionell grün sind, und speziell in Marrakesch symbolisieren sie zusammen mit dem Rot die Flagge Marokkos (grünes Pentagramm auf rotem Grund). Aus der Luft sind auch die Gärten und Grünanlagen schön zu sehen – lange Reihen von Palmen oder Olivenbäumen stehen in Reih und Glied –, die in ihrer Symmetrie irgendwie bizarr wirken.
Neben Fès, Rabat und Meknès gehört Marrakesch zu den vier Königsstädten. Doch so wirklich viel hat die Stadt eigentlich gar nicht zu bieten: eine Altstadt, die Medina, die von einer zwölf Kilometer langen, hellroten Mauer umgeben ist und elf alte Tore hat – das schönste davon ist das restaurierte Bab Aguenaou. Einen riesigen Platz in ihrer Mitte, den Djemaa el Fna, den Platz der Geköpften, von dem die Souks abgehen. Ein paar Moscheen, z. B. die Koutoubia-Moschee aus dem 12. Jh, deren mächtiges, 77 m hohes Minarett das architektonische Wahrzeichen der Stadt ist. Besuchen kann man die Moschee leider nicht, sie lässt sich nur von außen bewundern. Ein paar herrliche Paläste wie den Bahia Palast aus dem 19. Jahrhundert und ein paar zauberhafte grüne Oasen wie die Menara Gärten oder den „blauen“ Jardin Majorelle. Aber Marrakesch ist auch eine Stadt der Kontraste: Im Nordosten die Palmeraie, die vom Ursprung der Stadt als Karawanensiedlung erzählt, auf der anderen Seite die hochmodernen Stadtteile Hivernage und Guéliz. Seit 1000 Jahren ist die Stadt Zentrum des Handels, seit einigen Jahren Lieblingsdestination von Trendsettern, Künstlern, Stars und der High Society. In den 1990er Jahren fing es an, dass die „Perle des Orients“ neu entdeckt wurde. Viele heruntergekommene Riads, die Stadthäuser in der Medina, wurden von Ausländern, vornehmlich Franzosen, aber auch einigen Deutschen, gekauft und mit viel Aufwand und Liebe in kleine Paläste verwandelt. Oft sind es privat geführte Riad-Hotels, sehr beliebt bei den Marrakesch-Besuchern.
Wenn Sie im Gewirr der Medina, Marrakeschs traditionsreichem Herz, unterwegs sind, dient Ihnen das Minarett der Koutoubia Moschee auch als Orientierungshilfe. Diese ist nur ein Katzensprung vom Djemaa el Fna Platz entfernt, dem zentralen Punkt der Medina, an dem kein Besucher vorbei kommt. Und wenn, dann hätte man etwas verpasst. Hier tobt und braust das Leben, hier schwirrt einem der Kopf, ob des wilden Verkehrs. Zahllose knatternde, stinkende Mopeds, nicht selten mit einer vierköpfigen Familie besetzt, jungen Frauen mit Kopftuch unterm Sturzhelm oder überladen mit allerlei Frachtgut, bahnen sich ihren Weg durch die Menge. Autos rasen und klapprige Fahrräder flitzen in scheinbar willkürlicher Fahrt über den Platz, dazwischen trotten gemütlich Eselskarren und bunte Kutschen sind mit Touristen auf romantischer Sightseeingtour. Den Verkehr scheint nur Allah höchstselbst zu regeln.
Für den Fußgänger heißt es: Augen zu und durch. Hinüber zu den zahlreichen Ständen, die kunstvoll aufgetürmte Orangen, Gemüse und duftende Gewürze, Nüsse und Trockenfrüchte feilbieten. Der Guerrab, der Wasserträger, in seiner roten Tracht und dem imposanten bunten Hut, verkauft Ihnen für ein paar Dirham ein Glas Wasser. Dazwischen flöten Schlangenbeschwörer ihren Schlangen was, verschleierte Frauen kauern auf dem Boden, bieten selbst gestrickte Mützen an oder wollen junge Touristinnen mit Henna-Tattoos verschönern. Selbsternannte Medizinmänner bieten ihre Dienste und ein Kräutlein für 1001 Wehwechen an. Unweigerlich zieht es Sie hinein in die trubeligen Souks. Hier fertigen Handwerker Kunstvolles und Alltägliches, da werden Babouches, die traditionellen Pantoffeln, in allen Regenbogenfarben angeboten, dort stapeln sich bunte Teppiche. Und immer wieder sieht man Männer zusammensitzen, sich heißen Pfefferminztee in hohem Bogen in ihre Gläser einschenken und gemütlich plaudern. Kritiker behaupten, dass die Ladenbesitzer nur soviel arbeiten, dass sie über die Runden kommen. Hat man gut verdient, bleibt das winzige Lädchen auch mal für einige Zeit geschlossen. Da wundert es nicht, dass die Herren alle Zeit der Welt fürs Kaffee (stark und süß) und Tee trinken haben. Die Eile kommt vom Teufel, besagt ein altes Sprichwort.
Lassen Sie sich Zeit. Setzen Sie sich am späten Nachmittag in eines der vielen Cafés rund um den Djemaa el Fna Platz, am besten auf die Dachterrassen, denn von dort hat man den besten Blick. Bestellen auch Sie sich einen süßen, (wundern Sie sich nicht über das riesige Stück Zucker!) heißen, köstlichen Pfefferminztee – und schauen Sie der Verwandlung des Platzes vom Gemüsemarkt zum Ess- und Vergnügungszentrum zu. Wenn dann die Nacht hereinbricht, zeigt der Platz sein zweites Gesicht: Musiker, Gaukler, Akrobaten, Geschichtenerzähler bevölkern ihn und ziehen die Zuschauer in ihren Bann. In den hell erleuchteten Garküchen werden Lammwürstchen gebrutzelt oder exotische Gerichte wie Schnecken in großen Schüsseln serviert. Dicke Dampfschwaden legen sich über den Djemaa el Fna Platz und verleihen ihm ein ganz eigenes mystisches Flair. Wie aus 1001 Nacht.
(Foto oben: Amanjena, Marrakesch)