Ein schöner Rücken kann zwar entzücken – doch noch viel wichtiger ist seine Gesundheit. Dabei leiden zwei von drei Deutschen regelmäßig unter Schmerzen. Doch für sie gibt es Hilfe.
Sabine F. arbeitet seit 16 Jahren in einer großen Baufirma. Das Unternehmen aus dem Raum Stuttgart stemmt gewichtige Immobilienprojekte, baut Wohnhäuser und Firmenkomplexe weltweit. Die 44-Jährige hat es, was die Kraft betrifft, dabei eher mit Leichtgewichten zu tun: Als Vorzimmerdame ist allenfalls mal ein Ordner Papiere zu tragen. Doch trotzdem: Manchmal glaubt Sabine F. nach Feierabend, sie hätte tonnenweise Steine und Zement geschleppt. „Mein Rücken schmerzt, als ob ich mich dabei verhoben hätte“, klagt die sonst agile Frau. „Manchmal tut mir der ganze Körper weh und ich kann mich eigentlich nur noch hinlegen und kaum noch bewegen.“
Sabine F. ist kein Einzelfall. Rückenschmerzen sind längst zu einem Volksleiden geworden. Ein großer Teil der Bevölkerung hatte in seinem Leben bereits in jungen Jahren mit Beschwerden zu kämpfen. Fast drei Viertel der Befragen einer repräsentativen Studie gaben an, schon unter Rückenschmerzen gelitten zu haben. „Häufig sind solche Beschwerden harmlos und gehen vorüber“, sagt Arbeitsmedizinerin Johanna Stranzinger. Sie arbeitet bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), in deren Auftrag die Studie erstellt wurde. „Sie können aber auch schwerwiegender sein und das private wie berufliche Leben erheblich beeinträchtigen.“ Grund für die Rückenprobleme sind neben Überlastungen unter anderem auch zu wenig Bewegung bei der Arbeit und in der Freizeit. „Sowohl Über- als auch Unterforderung ist für das Muskel-Skelett-System ungünstig“, sagt Johanna Stranziger.
Dabei hat die Untersuchung, die Teil einer Vorsorgekampagne gegen Rückenleiden ist, Erschreckendes an den Tag gebracht: Ein dauerhaft schmerzfreier Rücken ist demnach bei den Deutschen eher selten. Nicht mal ein Drittel aller Befragten antwortete auf die Frage, ob sie jemals Rückenbeschwerden hatten, mit Nein. Und: Weniger als zwei Drittel tun etwas für die Gesundheit ihres Rücken.
Volkskrankheit kostet jährlich Milliarden
Dabei ist die Volkskrankheit eigentlich hausgemacht – denn mit regelmäßiger Bewegung würden viele Schmerzen gelindert werden oder gar nicht erst entstehen. Und gleichzeitig könnte das Gesundheitssystem Ausgaben für Behandlungen in unglaublichen Größenordnungen einsparen. Offizielle Berechnungen haben ergeben, dass Krankenhausaufenthalte, Therapien oder Arbeitsausfälle mehr als 30 Milliarden Euro verschlingen – und das pro Jahr. Jeder deutsche Verwaltungsangestellte bleibt im Jahr im Schnitt neun Tage lang mit Krankenschein zu Hause – weil ihn sein Kreuz quält.
Rückenbelastungen, die durch die Arbeit ausgelöst wurden, kommen dabei am häufigsten vor. Noch immer gehört körperlich schwere Arbeit zum Alltag vieler Beschäftigter: Für Männer oft in der Produktion oder auf dem Bau. Doch Frauen trifft es ebenso, etwa in Dienstleistungsberufen wie der Pflege. Schwere Lasten werden dort bewegt, es wird nicht selten in Zwangshaltungen gearbeitet. Und auch ständig wiederkehrende Bewegungsabläufe können die Gesundheit des Muskel-Skelett-Systems beeinträchtigen. Wer einen Büroarbeitsplatz hat, ist dennoch nicht davor geschützt: Dauerndes Sitzen am Schreibtisch, aber auch in der Schule oder in der Freizeit führen dazu, dass die Rückenmuskulatur nicht mehr genug aktiviert wird. Nicht zuletzt kann sich selbst zu viel Stress im Alltag durch Rückenprobleme bemerkbar machen. Was also tun, wenn der Rücken schmerzt? Die kurze und knappe Antwort darauf heißt: Bewegung. Natürlich reicht das im Einzelfall nicht völlig aus. Doch es ist schon mal ein guter Ansatz. Rückenfreundliche Sportarten stärken das Kreuz. Doch auch im Alltag sollten Sie, so oft es nur geht, auf Bewegung setzen. Experten haben ganze Kataloge an Tipps zusammengetragen, wie man vorbeugen kann. Zu den einprägsamsten gehört wohl dieser: Tragen oder heben Sie Lasten niemals mit gebeugtem Rücken. Sondern gehen Sie in die Knie – und lassen Sie den Rücken dabei gerade. Generell gilt auch, einseitige Belastungen zu vermeiden und das Gewicht dicht am Körper zu tragen. Was noch? Abwechslung zum Beispiel. Die tut auch bei Bewegung gut. Bleiben Sie nicht eine halbe Stunde in derselben Position, sondern wechseln Sie zum Beispiel das Standbein. Das entspannt die Muskeln. Wer häufig sitzt, sollte den Rücken hin und wieder intensiv zurücklehnen.
Gesund im Büro
Arbeitgeber können einiges dazu beitragen, um den Krankenstand aufgrund von Problemen mit dem Kreuz zu verringern. Doch noch machen das zu Wenige. Gerade mal rund ein Drittel der Unternehmen in Deutschland stellen ihren Beschäftigten zum Beispiel höhenverstellbare Tische bei der Arbeit zur Verfügung. Solche flexiblen Tische machen es möglich, bei der Arbeit am Computer oder bei handwerklichen Tätigkeiten zwischen Sitzen und Stehen zu wechseln. Das hilft unbedingt, so sagen Experten, Rückenbeschwerden vorzubeugen. Zu hohe Kosten für solche Tische sind übrigens kein schlüssiges Argument: Denn im Vergleich zu den eingesparten Krankheitskosten sind die Ausgaben für eine Neuanschaffung gering. „Mit dieser falschen Sparsamkeit erweisen sich Unternehmen einen Bärendienst“, sagt Dr. Peter Schäfer von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Zum einen sei der Kostenunterschied zwischen Bürotischen mit fester und mit verstellbarer Tischplatte in den vergangenen Jahren stark geschrumpft. Schäfer: „Das ist wie bei Airbag und ABS bei Autos. Was früher mal Luxus war, ist heute Standard.“ Zum anderen rechne sich die Investition bereits ab dem ersten vermiedenen Krankheitstag eines Beschäftigten. „Viele Unternehmen sind daher dazu übergegangen, bei Neuanschaffungen gleich das höhenverstellbare Modell zu kaufen und nicht erst darauf zu warten, dass bei Beschäftigten Beschwerden auftreten.“ Rücken- und daraus resultierenden Kopfschmerzen werden oft von Angestellten genannt, die hauptsächlich im Sitzen arbeiten. „Wir raten deshalb schon seit Jahren dazu, mehrfach am Tag zwischen stehender und sitzender Tätigkeit zu wechseln“, sagt Schäfer. „Das ermöglicht, verschiedene Muskelgruppen zu aktivieren und zu entlasten – was wiederum dabei hilft, Verspannungen und Rückenbeschwerden vorzubeugen.“ Und auch nach der Arbeit sollte man seinem Körper nur das Beste gönnen. Wussten Sie, dass eine passende Matratze im Bett Wunder wirken kann? Das muss nicht mal unbedingt ein teures Luxusmodell sein. Eine einfache Unterlage kann es auch tun. Es gibt jedoch große Unterschiede, was die Festigkeit der Matratze betrifft und damit auch die Lage des Körpers in der Nacht. Nicht für jeden ist dasselbe gut genug. Und das gilt ebenso für Kopfkissen. Beim Einkauf also lieber die Beratung im Fachgeschäft suchen – und möglichst vor der Anschaffung eine Nacht Probeliegen, sofern das möglich ist. Sport und nochmals Sport Wer keine Angst haben will, dass ihn jederzeit ein Bandscheibenvorfall beim Transport etwa eines Kastens Wasser ereilen könnte, dem raten Schmerzexperten
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Und ein gewisses Augenmaß auch bei der Wahl der richtigen Schuhe. Birkenstock mag zwar nicht so schick sein wie High Heels. Doch Schuhwerk mit guten Dämpfungseigenschaften entlasten den Rücken, während hohe Absätze den Druck erhöhen. Tipp: In vielen Büro schon übliche Praxis: Mit bequemen Schuhen ankommen und erst am Schreibtisch die Pumps überstreifen. (Text: Jens Korch, Foto: www.123rf.com/Artur Bogacki)