Kältereize werden seit Langem für therapeutische Zwecke genutzt, schon die alten Römer hatten Kälteräume in ihren Thermen. Hochtechnisiert und wissenschaftlich fundiert, kann die Kryotherapie bei rheumatoiden Beschwerden, zur Stärkung der Abwehrkräfte oder zur Verbesserung des Hautbilds helfen. Für Wellnesshotels und Spas ist dies eine Möglichkeit, das Profil zu schärfen und den Gästen etwas Besonderes anzubieten.

Kälte liegt im Trend. Immer mehr Wellnesshotels nehmen den wohltuenden Kälteschock in ihr Angebot mit auf, sei es in Form der gerade angesagten Indoor-Schneeräume, als gemeinsames Eisbaden unter fachkundiger Anleitung, oder aber sie leisten sich eine Kryokammer. Doch was ist dran am aktuellen Kälte-Hype?

Kryotherapie, von griechisch kryos (Eis, Frost), ist der Oberbegriff für alle Behandlungsformen, bei denen man sich Kälte für gesundheitliche Benefits zunutze macht. Dabei unterscheidet man zwischen der lokalen Kältetherapie, etwa in Form von kalten Wickeln oder Auflagen an unmittelbar betroffenen Körperstellen, und der Ganzkörperkältetherapie. Unterschiede, was Vorgehen und Wirkweise betrifft, gibt es zu Anwendungen, die im Wechsel mit Wärmeeinwirkung stattfinden – etwa die Abkühlung nach dem Saunagang, für die immer mehr Wellnesshotels neuerdings einen Schneeraum installieren. Kälte in reinster Form mit medizinischem Benefit bieten Kryokammern.

Schon die alten Griechen und Römer nutzten kaltes Wasser in Form von Bandagen oder Bädern zum Kühlen von Entzündungen und Schmerzen. Das Frigidarium, also der Kälteraum, war fester Bestandteil römischer Thermen. Teils war er auch mit einem Kaltwasserbecken ausgestattet, für den beherzten Sprung ins kühle Nass, das nach all den schläfrig machenden warmen Bädern wunderbar belebend wirkte. Pfarrer Sebastian Kneipp, der sich selbst mit Kaltbädern in der Donau von der Tuberkulose kurierte, leistete im 19. Jahrhundert Pionierarbeit in Sachen Hydrotherapie und war zugleich ein Wegbereiter der Ganzkörperkältetherapie. Richtig in Schwung kam diese aber erst dank der Erfindung eines japanischen Arztes: Dr. Toshiro Yamauchi entwickelte in den 1970er-Jahren ein Verfahren, mit dem unter Einsatz von Kälte rheumatoide Arthritis behandelt wurde. 1980 brachte er die erste Ganzkörper-Kryokammer auf den Markt. 1984 nahm dann der deutsche Rheumatologe Prof. Dr. Reinhard Fricke die erste Kältekammer außerhalb Japans in Betrieb – mit Erfolg. Denn Kälte bremst Entzündungen aus und dämpft das Schmerzempfinden, eine Grundvoraussetzung für weitere physikalische Therapien, etwa Krankengymnastik.

Die Kryokammern der ersten Stunde nutzten ausschließlich Flüssigstickstoff zum Kühlen. Sie sahen ein bisschen aus wie ein Fass, aus dem die Patienten oder Kunden wegen der Erstickungsgefahr den Kopf oben herausstreckten. Diese Form existiert immer noch, wird aber zusehends von elektrisch betriebenen Varianten abgelöst, bei denen der Kunde komplett in die Kammer eintreten kann. Es gibt auch Hybrid-Modelle, die die Luft erst mithilfe von Stickstoff herunterkühlen und dann in die Kammer leiten. Auch hier taucht man von Kopf bis Fuß in die Kälte ein. Die Temperaturen betragen, je nach Variante, zwischen -80 und -110 Grad Celsius, ein Aufenthalt in der Kammer dauert ca. drei Minuten. Manche Kryokammern verfügen auch über eine Art Vorraum, in dem man sich ein bis zwei Minuten akklimatisiert, bevor man in die polare Kälte tritt.

Da die Luft in der Kammer trocken ist, kann keine Feuchtigkeit auf der Haut gefrieren und Schäden anrichten. Gleichwohl sollte man darauf achten, nicht verschwitzt oder feucht in die Kabine zu gehen. Und man muss seine Extremitäten schützen – mit einer Mütze für die Ohren, Socken und Puschen, Handschuhen sowie einem Mundschutz für die Nase. Ansonsten findet die Kältebehandlung in Badezeug oder Unterwäsche statt. Das ist einer der Vorteile von Kältekammern: Die Anwendung geht schnell und unkompliziert vonstatten.

Schneesicher Schneeräume sind ein spektakuläres Highlight jeder Saunalandschaft. Die Temperaturen betragen bis zu minus 15 Grad Celsius (Foto: Schneeraum Spa Culture)

Die meisten User sind zunächst überrascht, wie gut die Temperaturen auszuhalten sind. Erst nach etwa der Hälfte der Behandlungszeit wird es richtig ungemütlich. Und ist dann auch schon vorbei. Wenn man aus der Kammer rauskommt, fühlt man sich super! Durch die schlagartige Abkühlung der Haut reagiert der Körper mit einer sogenannten thermalen Schockreaktion und ergreift Schutzmaßnahmen, um den Schmerz zu mindern. Dabei verengen sich die Blutgefäße, der Stoffwechsel verlagert sich in den Kern des Körpers. Außerdem können Kälteschutz-Hormone ausgeschüttet und der Sympathikus aktiviert werden. Dieser Teil unseres Nervensystems bringt die Herzfrequenz auf Touren. Während die Blutgefäße sich verengen, entspannt sich die Lunge. Da auch die Nervenzellen von der Kälte in ihrer Funktion gedämpft werden, nehmen wir Schmerzen nicht mehr so intensiv wahr. Unsere Muskeln entspannen sich, Entzündungen werden gehemmt. Außerdem soll Kryotherapie bei Migräne, Schlaflosigkeit und depressiven Verstimmungen helfen. Darüber hinaus stärkt sie das Immunsystem.

Neben den gesundheitlichen Benefits von Kryo-Behandlungen profotiert auch die Haut davon. Bei Psoriasis und Neurodermitis soll sie Linderung verschaffen. Durch die gesteigerte Durchblutung nach der Behandlung sieht die Haut rosig und prall aus. Auch Unreinheiten und der Hautalterung im Allgemeinen soll Kryotherapie entgegenwirken. Sie aktiviert den Fettstoffwechsel, sorgt für ein vitales Körpergefühl und versetzt einen in ein regelrechtes Hoch.

Das Alpenresort Schwarz in Obermieming/Tirol besitzt seit 2021 eine Kryokammer. „Wir nutzen sie für die Themenschwerpunkte Gesundheit, Vitality und Schmerzlinderung sowie Schlaf, Stress und Überlastung“, erklärt Spa-Managerin Tina Zarfl. Medizinisches Personal benötige man für den Betrieb nicht, allerdings würden die Mitarbeiter vom Hersteller der Kammer geschult, ferner gebe es ständig interne Schulungen. Gäste, die dieses Angebot nutzen möchten, werden von den Spa-Mitarbeitern aufgeklärt und beraten, außerdem wird vor der Anwendung ein Gesundheitscheck mit Hilfe eines Fragebogens durchgeführt. „Das Feedback ist äußerst positiv“, so Tina Zarfl. Zwischen acht und 25 Anwendungen am Tag seien in ihrem Spa schon üblich, erläutert sie. Die Altersgruppen seien dabei bunt gemischt, in Begleitung dürften auch schon 12-Jährige in die Kammer. Als Beweggründe nennt Zarfl schlechten Schlaf, Migräne, Stressabbau oder auch Leistungssteigerung. Das Alpenresort Schwarz bietet neben Einzelbehandlungen auch 5er- und 10er-Blocks an, die mit beliebigen Treatments kombiniert werden können.

Der Energieverbrauch einer Kryokammer im gewerblichen Bereich liegt bei 35 Kilowattstunden, wie Thomas Rödler, Inhaber des Schweizer Herstellers SpaCulture darlegt. Dank thermischer Rückgewinnung könne man die Nachhaltigkeit verbessern. Falls Sie sich für den Kauf einer Kryokammer interessieren, sollten Sie mit Kosten von mindestens 120.000 € rechnen. Ähnlich verhält es sich mit Schneeräumen, die in jüngster Zeit das absolute Highlight einiger Spas sind. Allerdings haben sie den Nachteil, dass der künstlich produzierte Schnee nach einigen Stunden ziemlich komprimiert ist. „Er muss abends komplett abgetaut und am nächsten Morgen neu produziert werden“, so Rödler. „Das geht dann einher mit höherem Energieverbrauch und höheren Wartungskosten.“ Auch den Wasserverbrauch sollte man vor der Anschaffung einkalkulieren. Ein Liter Wasser verwandle sich in fünf Liter Schnee, die wöchentlich benötigte Menge pro Raum betrage etwa 200 Liter. Die Energie kann laut Thomas Rödler bis zu 80 % thermisch rückgewonnen, die thermische Abwärme, die bei der Kühlung des Raums erzeugt wird, wiederverwertet werden. Versteckte Kosten, die man unbedingt berücksichtigen sollte.

Deutlich preiswerter sind spezielle Eiswannen, auch Icetubs genannt. Sie beginnen bei rund 6000 €, hinzu kommen, je nach Modell, die Energiekosten. Sollte Ihr Haus über einen Naturbadeteich verfügen und in einer Region liegen, in der der Winter verlässlich kalt ist, können Sie aber auch Pakete rund ums Eisbaden schnüren – die preiswerteste und natürlichste Variante des wohltuenden Kälteschocks.


Gut vorbereitet

Bevor die Gäste in eine Kältekammer steigen, sollte das Personal folgendes beachten:

  • Einen Gesundheitscheck vornehmen. Menschen mit Herzkrankheiten sollten nicht in die Kältekammer, ebenso wenig Diabetiker und Schwangere.
  • Die Gäste sollten sich langsam an den Kältereiz gewöhnen, etwa durch kaltes Duschen. Und im Zweifel eine Sitzung abbrechen, wenn sie spüren, dass es ihren Kreislauf überfordert.
  • Man sollte nicht auf nüchternen Magen oder ohne ausreichende Flüssigkeitsaufnahme in die Kryokammer gehen.
  • Achten Sie darauf, dass die Gäste die Kältekammer trocken betreten. Falls sie sie nach dem Sport aufsuchen, dann lassen Sie sie nicht verschwitzt hineingehen.
  • Schmuck und Brillen sollten nicht mit in die Kammer. Piercings entweder ebenfalls entfernen oder mit Pflaster abkleben.

Zwei Anwendungen pro Tag sind ideal – wie beispielweise in der neuen Kryokammer des Fünf-Sterne-Hotels Das Central in Sölden (Foto: Rudi Wyhlidal)
Kälteschutz Die neue Generation von Kryo-Kammern bietet Platz für mehrere Menschen. Besonders wichtig: Arme und Beine schützen (Foto: icelab PRO3 SpaCulture)

Kryotherapie: So wirkt’s

  • Entzündungshemmend Kälte reduziert die Durchblutung und verringert dadurch die Entzündungsreaktionen im Gewebe. Dies kann zur Linderung von Schwellungen, Schmerzen und Entzündungen beitragen.
  • Schmerzlindernd Die Nervenenden werden vorübergehend betäubt, was schmerzlindernd wirken kann. Dies ist besonders hilfreich bei akuten Verletzungen, Entzündungen oder muskulären Schmerzen.
  • Durchblutungsfördernd Obwohl die Kälte zunächst zu einer vorübergehenden Verringerung der Durchblutung führt, tritt nach der Behandlung ein sogenannter „Rebound-Effekt“ ein: Die Blutgefäße erweitern sich, die Durchblutung im behandelten Bereich steigt an. Dies kann die Heilung und Regeneration fördern.
  • Der Stoffwechsel wird verbessert Da der Körper versucht, Wärme zu erzeugen, um seine normale Temperatur aufrechtzuerhalten, werden mehr Kalorien verbrannt. Dies kann zu einer Gewichtsabnahme führen.
  • Muskel- und Gelenkentzündungen werden verringert Die Freisetzung von entzündungsfördernden Substanzen kann gehemmt werden, was Entzündungen in Muskeln und Gelenken reduziert. Dies hilft besonders bei Sportverletzungen.
  • Die sportliche Leistungsfähigkeit wird verbessert Eine Kältetherapie vor oder nach dem Training kann dazu beitragen, die Erholung zu beschleunigen, Muskelkater zu reduzieren und die Muskelregeneration zu fördern. Dadurch kann auch die sportliche Leistung verbessert werden.
  • Das Immunsystem wird gestärkt Das Immunsystem wird stimuliert, es werden vermehrt Antikörper produziert. Auch die Anzahl der weißen Blutkörperchen wird erhöht. Dies kann zur Bekämpfung von Infektionen beitragen, die Gesundheit wird verbessert.
  • Stimmung und Schlaf verbessern sich Einige Menschen berichten von einer verbesserten Stimmung und einem erhöhten Wohlbefinden nach der Kältetherapie. Darüber hinaus kann sie bei Schlafstörungen helfen, weil Schlafhormone wie Melatonin freigesetzt werden.

Quelle: SpaCulture